Mit dem warmen Wetter kommt vieles zurück, von dem ich schon fast vergessen hatte, dass es überhaupt existiert: Die leichte Übergangsjacke, die Creme mit mindestens Lichtschutzfaktor 25, kleine Mücken – und jede Menge Touristen in Augsburg. Mit letzteren habe ich auf jeden Fall eines gemeinsam: Wir sind der Meinung, dass man hier wunderbar Fotos machen kann. Wobei sie bevorzugt das vor die Linse nehmen, an dem ich schnell vorbeilaufe – und umgekehrt. Weil für mich die Sehenswürdigkeiten Alltag sind und Alltägliches sehenswürdiger.
Deswegen husche ich gerne los durch meine Stadt mit den vielen kleinen Nebengässchen und Straßen, die nie so verlaufen, wie ich es vermute, sondern irgendwie sternförmig, um im Gewohnten Neues zu entdecken oder im Hässlichen das Schöne.
Denn es gibt auch viel Zerfall, Marodes, Düster-Kaputt-Interessantes hier. Original Augsburger Grunge sozusagen. Schon fast vergessene Mauern, manchmal mit einem Graffiti wider Willen wachgeküsst. Strukturen im Wechsel: Gebälk kurz vorm Zerfall, neonpinke Sprühspuren auf elefantengrauen Putz, der wie schuppige Haut abblättert, ohne dass jemals neue nachkommt. Etwas Fragiles, das demnächst aufblühen will, wickelt sich um verrostete Raster. Zersprungenes Glas, dahinter ausgeblichenes Textil. Die alten Lettern noch älterer Geschäfte, Fabriken, knapp unterm Dach. Überhaupt finden sich auch im Zentrum immer wieder Spuren von Manufaktur und Industrie – alte Fabrikschornsteine schieben sich überraschend oft ins Blickfeld.
Ich lieeeebe diese Ecken. Für mich verkörpern sie die eigentliche Seele der Stadt. Und nicht die Museen, die schönen Brunnen oder Erklär-Tafeln an diversen Gebäuden. Ich mag den morbiden Charme dieser Gebäude und Orte: Ehrlich, authentisch, der Zeit unterworfen und ihr gleichzeitig ein bisschen erhaben, trotzig, rotzig, still und ohne großes Chichi. Für unbelebte Materie sind sie überraschend menschlich und haben mehr zu erzählen als mancher Stadtführer.
Wo Ihr das alles sehen zukünftig könnt? Bei Instagram. (#aux scheint üblich zu sein, wer weiß da mehr?) Oder Ihr kommt selber her und weicht ab vom üblichen Weg.
Auf meiner Fotosafari gestern war übrigens vieles überraschend rosa. Nicht nur wegen erster zarter Blüten. Aber ist ja auch mal schön!



