Auch wenn Auxkvisit sich sonst gerne aus Politik raushält: Manche Sachen wirken sich so unmittelbar aufs die Lebensrealität aus, dass ich da unmöglich meine Goschn halten kann. Denn eine Aktivrente für Selbständige soll es gar nicht erst geben! Wie unlogisch ist das denn bitte … Aber nun der Reihe nach: Was überhaupt ist die Aktivrente? Warum ist dieser politische Beschluss hochgradig ungerecht – und warum regt mich das so auf?

#TLDR Aktivrente für Selbständige
Die Aktivrente soll am 1. Januar 2026 kommen: Damit können Rentner bis zu 2.000 Euro im Monat / 24.000 Euro im Jahr steuerfrei (hinzu)verdienen mit einer Selbständigkeit.
Davon ausgeschlossen sind Menschen, die bereits selbständig sind.
Diese massive Ungerechtigkeit ist umso unverständlicher, wenn man bedenkt: Gerade Selbständige können bzw. müssen bereits jetzt davon ausgehen, dass sie bis ins hohe Alter arbeiten.
Es ist absolut unlogisch, dass ausgerechnet die Menschen von einem neu eingeführen Steuervorteil ausgeschlossen werden sollen, die das Thema am sichersten trifft.
Deswegen läuft derzeit eine Petition auf OpenPetition, die ich hier unbezahlt und unbeauftragt unterstütze – weil es mich als frisch Selbständige auch betrifft.


Aktivrente für Selbständige – die Kurzfassung
Die Aktivrente soll zum 1. Januar 2026 kommen.
Vielleicht hast Du nie etwas davon gehört, weil Du aktuell noch viel zu jung bist, Dich mit dem Thema zu beschäftigen. Ich habe davon auch nur über den Mailverteiler von meinem Berufsverband BDG erfahren.
AKTIVRENTE: Wer sich in der Rente mit einer Selbständigkeit etwas dazuverdienen will, kann 2000 Euro monatlich einnehmen, ohne die Steuern abführen zu müssen.
Das per se ist so schlecht nicht: Wir leben in Zeiten, in denen die Rente alles andere als sicher ist, während sämtliche Lebenshaltungskosten immer mehr steigen. Die Älteren unter uns pflegen bereits Panik und hegen ihre Pläne, wie sie im Alter mit dem verbleibenden Leben zurechtkommen können. Zum Beispiel ich plane insgeheim schon eine schrullige Alters-WG mit mindestens einem anderen Designer. Am Ende braucht es eher so um die 21 Leute, damit wir uns die Miete für den ausgemachten Luxus, unsere Hochbetten millimetergenau aneinanderklatschen zu können, überhaupt leisten können.
Ich verstehe einfach nicht die fundamentale Ungerechtigkeit den bereits Selbständigen gegenüber: Denn ausgerechnet die sollen von dem Selbständigen-Renten-Vorteil ausgeschlossen werden??!?

Diese Logik muss man nicht verstehen
Als Selbständiger ist man – das wissen wir doch alle! – selbst und ständig für sich selbst verantwortlich. Und das höchstvermutlich auch für immer: Denn wenn man sich schon selbständig machst, will man das ja auch bleiben.
Die Selbständigen finanzieren ihr Leben komplett selbst – und somit auch ihre Rente.
{ Mit dem, was ich in bisher in meinen 18 Jahren Festanstellung verdient habe, kann ich als Greisin maximal einen auf Diogenes machen. Es ist weniger, als ich vor zwanzig Jahren als Bafög hatte. }
»Diese Entscheidung ist doch für die Tonne!«
miriam von auxkvisit / diogenes vielleicht auch
Da ist kein Vater Staat, der für unsere Rente sorgt wie bei den Angestellten. Und ohne Letzteren unnötig Angst machen zu wollen, aber ich wage zu behaupten: Auch Ihr sucht Euch lieber jetzt schon die passenden WG-Partner aus! Allemal, wenn Ihr keine eigene Immobilie habt. { Wenn nicht bald ein Grundeinkommen kommt, sieht es für alle finster aus. KI frisst Arbeitsstellen auf … }
Den Risikowillen, sich überhaupt erst selbständig zu machen, muss man erst einmal haben! Und dann regelmäßig Geld fürs Alter zurücklegen. Das – öhöhöhömm, Hustenfanfallgeräusch – gerade Kreative und Gründer am Anfang nicht gerade im Überfluss haben. </euphemismus>

Selbständig im Alter
Ich persönlich stelle mich darauf ein, bis zum süßen Ende zu arbeiten. Ganz einfach, weil ich meine Arbeit liebe. Und es sollte auch als süße schrullige Schriftsteller-Omi möglich sein, da noch zu tippen und die Maus zu bedienen. Von daher: alles gut. Noch toller wäre es natürlich, vorher schon 2387423758265265353983947 Euro angespart zu haben, aber ich bin nunmal Realistin.
Wieso sollen nun also bitte ausgerechnet Selbständige, bei denen recht klar ist, dass sie bis ins hohe Alter selbständig tätig sein werden, nun steuerlich benachteiligt werden?
Es geht um 24.000 Euro im Jahr!!
Ich verstehe es einfach nicht.

Sind Selbständige Menschen zweiter Klasse?
In der Petition von OpenPetition heißt es:
»Wir sind keine Erwerbstätigen zweiter Klasse!«
Ich musste so hart schlucken, als ich das gelesen habe. Habe ich jetzt wieder die A-Karte gezogen? Jetzt, wo ich endlich den Mut hatte, mich selbständig zu machen? Ehrlich gesagt: Ich dachte früher immer, Selbständige wären „eher oben“. Denn die sind doch zumindest ihr eigener Chef …
Wo wir schon dabei sind: Wie sieht es eigentlich mit den milliardenschweren Super-Über-Ober-Bossen aus? Dürfen die im Alter 2.000 jeden Monat umsonst dazuverdienen?
Bevor ich mich selbständig gemacht habe, hörte ich Selbständige oft klagen: „Deutschland hasst Selbständige!“ Aus unterschiedlichen Gründen. Ich wollte es nicht glauben. „Alles hat seine Vor- und Nachteile“, sagte meine Oma immer. Ich bin mir sicher, sie hatte Recht.
Und was eben nicht geht, ist Unrecht.
Kein Mensch ist zweiter Klasse! Wir verdienen alle die gleiche Behandlung. Und diese nun merkwürdige, unverständliche Ungleichbehandlung mutet einfach ganz, ganz komisch an, als hätte jemand diesen Paragr nicht zu Ende gedacht.

„Alle Tiere sind gleich! Und einige sind gleicher …“
Open Petition beschreibt es im Petitionstext so schön:
Aus unserer Sicht handelt es sich um eine eklatante Verletzung von Artikel 3 Grundgesetz ("Gleichbehandlungsgrundsatz"). Sie reiht sich ein in eine Vielzahl von Diskriminierungen von Selbstständigen. Die Schlechterbehandlung ist hier aber besonders offensichtlich und hat das Potenzial, den ohnehin bestehenden Unmut massiv zu erhöhen, quasi das "Fass zum Überlaufen zu bringen". Hart arbeitende Selbstständige erleben die Begründung als zynisch und als Schlag ins Gesicht. Sie ist zugleich aber auch inhaltlich fehlgeleitet und gefährdet die Erreichung der wirtschaftspolitischen Ziele der Bundesregierung. [Quelle]
Was soll man dazu noch sagen?
Außer: Bitte unterschreib die Petition! Wenn Du selbst nicht selbständig bist, dann für all die Selbständigen, die Du kennst.
Meine ganz persönlichen 5 cent dazu
Der Mut zur Selbständigkeit darf nicht bestraft werden!
Mich hat es sooooooo viel Mut gekostet, mich überhaupt erst selbständig zu machen: In meinen achtzehn Jahren Festanstellung habe ich immer wieder davon geträumt, mich aber nie getraut. Auch Auxkvisit habe ich die ganze Zeit über unentgeltlich betrieben, weil ich sogar vor dem Schritt, ein Gewerbe auf Kleinunternehmerbasis dafür anzumelden, Angst hatte.
Mit dieser Einstellung bin ich sicher nicht die Einzige. Ermutigt zur Selbständigkeit werden maximal die, die selbständige Eltern haben. (Die hatte ich eigentlich … 🤣)
Wenn man sich dann aber erst einmal überwunden und losgelegt hat, bemerkt man, dass man a) es überlebt und b) es wirklich toll ist: Sein eigener Boss zu sein, tut soooo gut!
Der Mut frisst die Angst keinesfalls auf, die schießt immer noch regelmäßig hoch.
Meine größte ist mittlerweile, dass ich im Alter nun gleich zwei 3,5-Tonner brauche: Einen, um darin mein Flaschenpfand zu sammeln, und den anderen, um darin zu hausen. (Also, neben den 21 anderen Kreativen …)
Obacht, Deutschland!
Vor Kurzem hab eich gelesen, dass es in Irland ein Grundeinkommen für Künstler gibt. Bis zu diesem Moment habe ich noch nie mit dem Gedanken geliebäugelt, auszuwandern. Zumal ich Irland echt schön finde, habe ich das nun aber als Plan X im Hinterkopf. First, aii häf to verbetter my English! Tha piseag snog!
Was, wenn jetzt immer mehr Selbständige abzwitschern? Wie bereits jetzt diese ganzen Selfmade-Millionairs, die in Dubai ihre Pistazienschoki mampfen, die dort nur einen Euro kostet, und sich darüber einen ablachen, dass sie in Deutschland dafür das Zehnfache zahlen müssen?
Was, wenn viele Selbständige jetzt aus Angst zurück in Festanstellungen wollen – die es aber gar nicht mehr gibt? 🤖
Vor einer Woche habe ich Gastdozentin an meiner ehemaligen Hochschule sein dürfen und gefragt, wie viele der anwesenden 30 Studierenden sich später selbständig machen wollen. Es ging keine Handvoll Hände hoch …
»Wir haben Angst. Wir haben alle eine Scheißangst.
miriam von auxkvisit
Aber die darf uns nicht davon abhalten, unseren Beruf zu leben, den wir lieben.«
Willst Du das, Deutschland? Immer mehr Leute in Berufen, die sie nicht mögen – weil ihnen keine andere Chance bleibt? Die als Angestellte für 3000 Euro Brutto arbeiten, wo sie als Gründer so viel mehr zum BIP beitragen könnten? Wollen wir das?
Transparenzhinweis: Ich stehe mit der Petition in keinerlei Zusammenhang, ich rege mich nur darüber auf, weil mir nunmal viel an Gerechtigkeit liegt und ich das Selbständigsein nunmal liebe.
Titelbild: © Miriam Lochner, Illustrationen: © Designcuts

2 Kommentare
Liebe Miriam, ich unterschreibe diese Petition nicht. 😎
Weil … ja, weil ich glücklicherweise (was das betrifft!) im südlichen Nachbarland lebe, das zumindest für Pensionisten (aka Rentner) mehr Herz zu haben scheint. Aber I feel you. Und ich drücke alle Daumen und Zehen, dass deutsche (selbstständige) Rentner*innen nicht in die Armutsfalle tappen. Immerhin ist die Zeit zwischen 60 und 90 so lang wie zwischen 30 und 60. Da braucht man schon a bisserl ein Geld, um die Zeit sinnvoll gestalten zu können! ❤️
Liebe Daniela, sei froh!
Wusstest Du schon: Rein biologisch bin ich 3/4-Österreicherin! Glaubst Du, damit kann ich „bei Euch“ einfach so einwandern? 🤪
Naja, ich hoffe mal drauf, dass sich die Entscheider hier noch einmal eines Besseren besinnen. Mein Berufsverband ist zum Glück auch schon dran, sich da stark zu machen – Kreative sind schon ein bisserl doppelt die Geoarschten.
Zur Not ist da immer noch der Plan, mit DER Mega-1A-Idee über Nacht zur Eloise Musk zu werden.
Ansonsten lerne ich fleißig weiter Gälisch und verbessere mein Irisch-Englisch ッ