Wie Tinder geht und warum tindern auch in Auxburg Sinn macht, weil es da mit dem realen Flörten in der Tram nicht immer so prima klappt, konntet Ihr bereits erfahren. Jetzt geht es um die Menschen auf Tinder. Da ich wenn, dann nach einem Mann suche, kann ich nur über die männlichen Menschen dort berichten. Ich entschuldige mich im Vorfeld dafür, was gleich alles kommt, aber ich möchte einfach möglichst realitätsgetreu berichten.
Eines kann ich verraten: Auch wenn es tausende Tinder-User gibt, die unter meinem Daumen durchgerutscht sind, so lässt es sich doch auf erschreckend wenige Tinder-Typen herunterbrechen. Ich nenne sie die 12 Tinder-Archetypen. Ihr findet auch den potenziellen Nickname dazu, da der Trend momentan dahin zu gehen scheint. Scheuklappen vor individueller tiefenpsychologischer Analyse aufgesetzt, es geht los mit der Schubladisierung!
Die 12 Tinder-Archetypen
1: Marvin, 34 – KuschelbER34
Marvin ist ein guter Kerl. Er lächelt in die Kamera, die Aufnahme ist verpixelt und so unvorteilhaft, wie sie nur sein kann. Oft wächst ihm eine Zimmerpflanze aus dem Kopf. Der Gelb- oder Blaustich ist dem falschen Weißabgleich geschuldet und kein Hipstamatic-Filter. Markus weiß nicht, dass es Hipster gibt. Trotzdem oder deswegen sieht er ziemlich unglücklich drein. Oft schreibt er nichts, oder aber, das er entlich nach viel grosen Endtäuschungen eine liehbe Frau suhcht und Tiehre, Kiender und Fusball gerne mack.
2: Florian, 30 – Brettp!tt
Florian könnte der hübsche Brünette auf dem Foto sein. Oder der Blonde. Vielleicht auch der Tolle mit dem Bart. So genau lässt sich das nicht bestimmen, weil da fünf bis sieben Typen in bester Feierlaune auf dem Bild sind. Münchner Tinderer befinden sich auf diesem Bild natürlich auf der Wiesn. Auf dem zweiten Profilbild ist Florian ausgerechnet der Typ, den ich auf dem ersten gar nicht oder zuletzt bemerkt habe. Wenn er etwas „schreibt“, dann genau so:
☀️????????
3: Markus, 34 – Supermän
A) Weil Markus selbst mit fortgeschrittenen 34 unsicher ist, worin seine Stärken bestehen, oder einfach kaum Fotos von sich hat, zeigt er sich mit einer vollbusigen Blondine neben sich dran. Wir können an dieser Stelle spekulieren, ob das seine Ex, ein Mädel, das dringend Geld brauchte oder seine Schwester ist. Immerhin ist er so freundlich und verschleiert ihre Identität unter einem formschönen schwarzen Balken oder anderer nicht besonders ausgefeilter Retusche (nehmt doch einfach die Animal-Face-App!).
B) Weil Markus selbst mit fortgeschrittenen 34 unsicher ist, worin seine Stärken bestehen, oder einfach kaum Fotos von sich hat, zeigt er sich mit seinem glänzenden Auto oder Motorrad neben sich. Er vergisst, die Identität seines Fahrzeugs zu verschleiern – das Nummernschild ist gut lesbar. Auch hier empfehle ich die Animal-Face-App.
4: Sven, 31 – Maximus_MUC
Sven passt nicht aufs Profilbild, ich sehe nur ein bisschen … es könnte ein Trizeps sein, aber auch ein Oberschenkel. Es ist auf jeden Fall etwas Fleischliches und ich hoffe, dass es keine Makroaufnahme von etwas anderem ist. Auf den weiteren Bildern stellt sich heraus, ob Sven einer ist, der im Fitnessstudio lebt oder einer, der jemanden zum Massieren sucht. In Phasen akuter Nackenverspannungen bin ich geneigt, ihn nach rechts zu wischen. (Übrigens dürfen sich sämtliche Physiotherapeuten, Chiropraktiker und Ostheopathen, die Single, Bartträger und um die 30 sind, gerne bei mir melden. Außer Du, J. Wage es ja nicht!)
5: Oswald-Jakob-Ibrahim, 38 – PerAsperam_MUC
Oswald-Jakob-Ibrahim sieht cool aus. Er hat ein natürlich-sympathisch-stylishes Foto drin, oder auch zwei, drei, vier. Zudem klingt sein Profiltext intelligent, authentisch, sympathisch, relaxt und charmant. Wir lieben beide Wes-Anderson-Filme. Natürlich matchen wir, und wir schreiben. Machen wir bitte bald ein Date aus? Schreiben ist so blöd auf der kleinen iPhone-Tastatur, ich klinge manchmal wie Marvin, weil mein Autokorrekt schneller ist als ich und natürlich will ich hier besonders authentisch, sympathisch, relaxt, charmant und intelligent wirken, und das ist auf Dauer verdammt anstrengend. Vermutlich klingt Oswald-Jakob-Ibrahim deswegen so authentisch, sympathisch, relaxt, charmant und intelligent, weil er genügend Zeit hat, sich seine authentischen, sypathischen, relaxten, charmanten, intelligenten Antworten zu überlegen. Hat irgendjemand bis hierher ernsthaft gemeint, onlinedaten wäre nicht anstrengend?
6: Ole-Philipp, 33 – Olephilipp
Ole-Philipp hat massig Bilder von Bergen, Stränden und Fahrrädern, Autos oder alten VW-Bussen drin. Das Dumme ist nur, dass er selbst darauf kaum zu erkennen ist: Ich kann die Marke seines 120-Liter-Rucksacks ablesen, sehe aber nichts von seinen Augen. Sein Profiltext besteht überwiegend aus Smileys, einem „Carpe diem!“ (Ja, das gibt’s heute noch!) oder angelsächsisches Pendant. Wie lame. Da hilft es auch nichts, dass Ole gerne in der Gegend herumspringt und in der Badehose eigentlich ganz gut aussieht.
7: Arne, 32 – Vitriol
Ein interessanter Typ. Nicht unbedingt mein Typ, aber ungemein interessant. Eigentlich noch interessanter, weil er so überraschend anders ist! Sein Profiltext verrät wenig. Das fordert heraus, ihn nach rechts zu swipen, um zukünftig hoffentlich mehr von ihm zu erfahren. Matchen wir? Kommt es zu einem Date?
8: Jörg, 33 – Nameistegal
Hupps, ein Penis! Kann vorkommen: Mit einem ausgeklügelten Spiegel-System hat ihn Jörg auf sein Bild gebannt. Das darf so eigentlich nicht. Brüste zensiert Tinder nicht so, sonst wären 83% aller Userinnen schon entfernt. Also: Ihr bekommt ja auch nicht die ganze Brust zu sehen, nur 83% davon. Auf jeden Fall zeigt mir Jörg da seine Erektion, sie weist nach rechts, aber, sorry Jörg, diese hidden Message funktioniert nicht, ich wische Dich und dein imposantes Ding nach links.
9: Ben, 37 – Charly
Ben ist unattraktiv nicht mein Typ, mag nur strunzdummes Zeug und hört Helene Fischer. Vielleicht wäre er, hätten wir uns im Supermarkt oder Bücherladen getroffen, mein zukünftiger Lieblingsmensch geworden. Vielleicht hätte ich ihm Helene aus- und Wes Anderson eintreiben können. Hätte er aus mir einen Helene-Fischer- und Til-Schweiger-Fan machen können? Wie sieht ein Wes-Anderson-Til-Schweiger-Kompromiss aus? Wir werden es nie erfahren. Ben liegt längst links begraben.
10: Jerry, 37 – Charlie
Jerry sieht verdammt gut aus. Viel zu schön. Er schreibt hochintelligentes Zeug, liebt Wes-Anderson-Filme und entpuppt sich im Lauf der Zeit als übelstes Arschloch. Hoffentlich recht schnell, damit der (Alb-)Traum schnell ein Ende hat …
11: Sebastian, 21/51 – Hellohelio
Sebastian ist ein prima Kerl: Er wirkt irre sympathisch und gefällt mir. Problem ist nur, dass wahlweise er mein Kind oder ich seins sein könnte. Leider stehe ich nicht (mehr) darauf, Welpenschutz zu verteilen. Ältere Typen find ich klasse, aber eher zum Befreundet-Sein. Ich will von Weisheit profitieren in Gesprächen, aber kein weißes Haupthaar kraulen. Ich sehe schnell in meinen Einstellungen nach, warum da die Alters-Begrenzung gerade so merkwürdig eingestellt ist.
12: Christian, 37 – Hupfnudel
Den kenne ich doch! Der ist mit einer Freundin fest zusammen und ihr viertes Kind ist gerade unterwegs. Vor Schreck drücke ich die Screenshot-Funktion. Was jetzt machen? Es der Freundin sagen? Ein moralisches Dilemma tut sich ebenfalls auf, wenn Christian ein Bekannter, Kollege oder bekannter Kollege oder ein Nachbar ist. In dem Fall empfiehlt sich: App schließen. Neu starten – neuer Typ!
Lohnt sich denn Tinder überhaupt?
Sicher das. Unter all den Oles, Sebastians, Svens und Marküssen sind auch haufenweise tolle Misch-Typen, die eins geschafft haben: Mir ein „Yay Yay Yay“ zu entlocken, dass ich so fest nach rechts gewischt habe, dass mir das iPhone fast aus der Hand geflogen ist. Mit denen das Schreiben Spaß macht und das Daten auch. Wenn es zum ersten realen Treffen kommt – was macht man dann am besten so? Und wo? Das verrate ich Euch am 25. September.