Twitter kennt #keineSau. Die meisten wissen zwar, dass es Twitter gibt. Manche verstehen es und einige wenige lieben es. 2009 habe ich mich das erste mal registriert und nichts kapiert: Das soll Spaß machen? Da passiert doch nichts. Für den Blog wollte ich es nochmal wissen und habe mich 2015 wieder angemeldet. Tatsächlich habe ich Twitter mittlerweile für etwas anderes zu schätzen gelernt: Als zusätzliche Möglichkeit der Kommunikation, zur Unterhaltung und weil ich einige Leute da echt mag. Inzwischen bin ich mehr auf Twitter als auf Facebook.
Was ist das lustigste Katzenvideo des Tages? Gibt es endlich was Neues von Alt-J? (Jaaaaaa!) Wie sehen die Wahlergebnisse in Augsburg, Deutschland, der Welt so aus? Alles Sachen, die du schwuppdiwupp auf Twitter findest. Und im Gegensatz zu Facebook wird die Timeline hier nicht von einem psychologischen Experten-Team vorsortiert und überwacht. Du entscheidest selbst, was du liest. Twitter ist ein verdammt schnelles Medium und damit sicher auch eines, das Gefahren birgt. Aber lasst uns heute nicht über Fakenews und Medienmissbrauch schimpfen, sondern erst mal Twitter überhaupt verstehen (sofern das überhaupt vollumfänglich geht).
Demnächst widmen wir uns der Frage, welche verrückten Vögel auf Twitter so unterwegs sind und was man beachten muss, wenn man so einen im realen Leben trifft. Ihr seht, ich plane nach Tinder eine kleine Twitter-Serie, whoop whoop!
Tweeten, retweeten, häääh? Zu den einzelnen Begriffen folgt am Ende ein Glossar!
Twitter – in weniger als 1 Sekunde erklärt
Auf der Social-Media-Plattform Twitter sind Postings (=Tweets) auf maximal 140 Zeichen beschränkt.
Wie melde ich mich da an?
Klaro: Ihr meldet Euch ganz einfach auf www.twitter.com an oder installiert die Twitter-App. Profis kennen noch einmal andere Apps, aber lasst uns hier bei den Basics bleiben.
Registrieren geht einfach mit einer E-Mail-Adresse. Offensichtlich hat das sogar Herr Trump geschafft. Keine Angst vor der Namensgebung – zur Not kann man alles nachträglich ändern, auch das Ding hinterm @. Dein Username auf Twitter besteht nämlich aus einem Teil davor und danach. Das Dahinter ist der Name, wie du auf Twitter angesprochen wirst, also zum Beispiel bei mir @auxkvisit. Davor habe ich ganz stupide meinen Klarnamen gesetzt, weil mich da ruhig jeder finden darf. Viele Leute sind da aber auch einfach nur aus Spaß unterwegs und heißen lilazimtstern@einhornland. Kann man alles machen.
Wie will ich da überhaupt sein?
Twitter mahnt einen nicht ab, wenn man sich mehrere Accounts zulegt. Es ist ganz üblich, dass jemand einen Account fürs Berufliche und einen fürs Private hat. Ich habe allerdings selbst erlebt, dass es mittlerweile wohl schwierig ist, einen neuen Account ohne Telefonnummer anzulegen. Mein neues Profil (fürs Private) wurde immer gleich gesperrt, weil es angeblich „auffällig“ war. Der Service auf Twitter ist unfassbar schlecht bis nicht vorhanden; auf meine E-Mail hat sich bis heute keiner gemeldet. Sollte sich jemand von Euch jetzt anmelden, gebt mir doch bitte Bescheid, wie das bei Euch gelaufen ist.
Eure Postings kann jeder lesen und finden, vor allem natürlich die Leute, die einem folgen. Das sollte man immer im Hinterkopf behalten. Deswegen habe ich vor kurzem zusätzlich einen privaten Account angelegt, damit ich keine Leute aus der Arbeit (Chefs! Kunden!!) entsetze, wenn ich donnerstag Abends GNTM-mäßig eskaliere oder mitternächtlichen Singlefrust bei einem Glas Rotwein schiebe. Diese Persönlichkeitsspaltung fällt mir aber noch schwer, vielleicht höre ich damit auch wieder auf. Twitter lehrt einen insofern auch, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen: Wer will ich da sein? Was ist privat? Oder schon too much? Hat es Relevanz? Auch wenn Tweets keinen Grimme-Preis erhalten müssen: Wer nur ständig postet, dass er jetzt den Müll rausbringt oder gleich schlafen geht, trägt eventuell wenig zur allgemeinen Unterhaltung bei. Es sei denn, er ist eine Twitter-Berühmtheit.
Twitter – Was ist das jetzt überhaupt?
In deiner Timeline werden nur Tweets von Leuten angezeigt, denen du folgst. Deswegen fordert dich Twitter gleich nach der Registrierung auf, z. B. der „ZEIT“ oder einem Fußballverein zu folgen. Diesen Schritt kannst du auch überspringen und Dir lieber deine ganz eigene Auswahl zusammenstellen.
Vielleicht kennst du ein paar Leute, die dort bereits angemeldet sind, wie z. B. die Katze Coupette von Karl Lagerfeld. Die kannst du in der Suchleiste eingeben und ihnen alsbald folgen. Schwupps, hast du ihre Tweets und Retweets in deiner Timeline. Wenn du es eine Spur individueller magst: In der erweiterten Suche (wenn die Resultate angezeigt werden, kannst du noch nach Person, Tweets, Fotos etc. filtern) kannst du nach Deinen Hobbys suchen, deiner Stadt (so habe ich die meisten Twitter-Buddies gefunden) oder nach deinen sexuellen Lieblingssportarten. Es gibt nichts, das es nicht auf Twitter gibt. Echt nicht. Nicht.
Sollte jemand nerven, kannst du ihn stummschalten, entfolgen oder blockieren. Letztere beiden bekommt der andere mit. Du kannst andere User auch persönlich anschreiben („Nachricht an“), so dass es nur derjenige mitbekommt. Wenn du jemandem auf einen Tweet antwortest, ergibt sich eine Art Chat, den jeder, der mit einem @ angesprochen wird, mitbekommt. Übrigens auch die Likes, die so ein Tweet von anderen erhält.
Im Gegensatz zu Facebook gestaltet man sich seine Timeline also selbst. Natürlich spült es auch mal Werbung hinein, aber nur ganz wenig. Leider greift seit einiger Zeit auch ein Algoritshmus bei Twitter, d. h. die Tweets werden nicht mehr 100% chronologisch angezeigt.
Und wer ist da so?
Auf Twitter finden sich berühmte Persönlichkeiten wie Politiker, Musiker, Schauspieler, Sportler und natürlich die ganzen Social-Media-Größen wie zum Beispiel Raul Krauthausen oder Youtube-Stars. Daneben gibt es Firmen, Startups und – wohoo! – ganz normale Leute. Einige nutzen Twitter vor allem als einen Kanal für ihre Werbung. Blogger und Selbständige, die vor allem online unterwegs sind, nutzen Twitter ganz gerne, um auf ihr Unternehmen bzw. ihren Blog aufmerksam zu machen und um ihr Netzwerk zu stärken. Viele sind auf Twitter angemeldet, um in Sachen Nachrichten und Unterhaltung immer am schnellsten informiert zu sein: Zeitungen und Verlage oder auch Radio-Stationen, auch sie sind auf Twitter, die großen wie die Indie-Perlen.
Es gibt auch ein eingeschworenes Grüppchen, das einfach nur aus Spaß respektive Langeweile und Sucht auf Twitter ist und da eine feste Community bildet. Diese Leute mit mehreren tausend Followern aufwärts, die jenseits Twitter und über die Grenzen des Internets hinaus keine Berühmtheiten in dem Sinne sind, würden mindestens einen extra Artikel benötigen, um sie zu verstehen, nur tue ich das bis heute nicht wirklich.
Dann gibt es natürlich noch viele, die Twitter für ihre fragwürdige (politische) Meinung instrumentalisieren und/oder andere blöd anmachen. Zudem haben sich vermutlich 82 % aller privaten User nur deswegen angemeldet, weil sie Twitter und Tinder verwechselt haben: Da laufen die Knutsch-und Flirt-Tweets in einer Geschwindigkeit durch, dass man sich nur wundern muss, dass die Twitter-Server nicht überhitzen.
Twitter – Glossar
Twitterer, Tweeps und Twitteratis = Leute auf Twitter. Das ist ziemliches Klassendenken, weil man letzteres nur zu Leuten sagen darf, die tausende Follower haben.
Follower = Leute, die einem folgen. Klaro. Wenn sich zwei followen, also hin und zurück, spricht man von Friends. Sagt aber so keiner.
twittern/tweeten = eine aus max. 140 Zeichen bestehende Nachricht (=Tweet) auf Twitter posten. Tweets können Links, Bilder, animierte GIFs, Videos und Hashtags beinhalten. Auf dem Smartphone kann man beim Fotos-posten noch wunderbare Grafiken draufpacken, schaut mal!
Hashtag = das Ding hier: #. Wird benutzt, um Begriffe besonders zu #betonen und leichter auffindbar zu machen. Deswegen erhalten wichtige Ereignisse oft einen eigenen Hashtag, damit man sie auf Twitter schneller finden kann, wie z. B. #auxxbomb (die Fliegerbombe, die zu Weihnachten in Augsburg entschärft wurde.)
Like / Fav / Herzchen / Gefällt mir: Tweets werden wie auf Facebook und Instagram mit dem Herz-Icon geliked. Das war bis vor einiger Zeit noch ein Sternchen. Mittlerweile haben wir uns aber an das Herzchen gewöhnt und wissen in der Regel, dass es nichts mit „Ich liebe Dich“ zu tun hat.
Retweeten (RT) = den Tweet eines anderen in die eigene Timeline packen, entweder pur oder mit einem eigenen Kommentar. Das zeigt, dass man mit dem Tweet des anderen sehr d’accord geht bzw. ihn gut findet – halt erwähnenswert. Dafür nutzt man das entsprechende Icon. Alles andere ist Tweet-Klau.
Reply = auf einen Tweet antworten. Wenn Du auf das entsprechende Icon klickst, ist neuerdings das @name z. B. am Anfang schon eingebaut, und Du kannst wie auch sonst die üblichen 140 Zeichen für Deine Antwort verwenden.
Mention = einen anderen Twitter-Typ ansprechen, so dass der das auch mitbekommt. Das geht mit dem hinteren Teil des Twitter-Namens, also @auxkvisit in meinem Falle. Jetzt gibt es da nur eine kleine Krux: Steht das @auxkvisit ganz vorne, wird das zur Reply, und nur ich würde das sehen. Wenn Du willst, dass das jeder in Deiner Timeline lesen kann, müsstest Du was in dem Stil schreiben: „Letztes Jahr hat @auxkvisit geschrieben, wie man im Sommer cool bleiben kann“. Es gehört zum guten Ton, angemeldete User mit einem @ zu markieren. Alles andere ist michalskymäßige Hintenrum-Lästerei.
Obacht: die typischen Anfängerfehler
Vorab: Auch wenn Twitteratis einen mitunter rüden und anderweitig erschreckenden Ton vorleben – eigentlich zählt auch auf Twitter ein Mindestmaß an Höflichkeit. Gepöbelt wird natürlich auch oft, vor allem bei denen ohne Klarnamen. Ob und wie man sich darauf einlässt, sei jedem selbst überlassen. Ich tanze mal ganz gerne mit den Ironikern mit und gebe auch mal Bullshit von mir. Was immer geht: Stummschalten, wenn einer total nervt. Oder eben wieder entfolgen. Das Blockieren sollte der letzte Schritt sein, das ist die Twitter-Watschen ins Gesicht.
Auf RTs reagiert man mit Worten oder einem Like. Sonst hat es sich bald ausretweetet.
In der Regel antwortet man auf Antworten. Wenn man sonst nichts (mehr) zu sagen hat, gibt man ein Herzchen, quasi als „Jo und Tschüss.“ Wenn man mit Antworten nix anfangen kann, kann man sie auch im luftleeren Raum verpuffen lassen.
Auch wenn selber selber schreiben viel Spaß macht, sollte man ab und an etwas retweeten, sonst wird man ganz schnell für ein selbstverliebtes Aas gehalten. Deswegen sollte man auch möglichst viel liken, damit die Zahlen-Leiste oben im eigenen Profil einigermaßen ausgewogen aussieht. Manche leiten aus den Ziffern nämlich den Charakter ab, was so abwegig ja nicht ist.
Aber Obacht: Wenn du etwas likest, kann das jeder sehen, wenn er in deinem Profil auf die „Gefällt mir“s klickt. Halte also lieber kurz inne und prüfe nach, ob du gerade mit deinem Firmen-Account eingeloggt bist, bevor du das Video mit der Frau, die ohne BH Trampolin springt, likest.
Manchmal freut man sich so doll über eine schöne Antwort oder Mention, dass man die retweetet – das kann aber schnell einen unangenehmen Beigeschmack bekommen im Sinne von „Oh schaut mal, wie toll ich bin!“. Generell ist Twitter natürlich auch ein großer Vogelkäfig für Selbstdarsteller. Aber dazu demnächst mehr.
Rein psychologisch wirkt ein bloßer Retweet oft etwas unangenehm, als möchte man auf einen Unfall aufmerksam machen. Dem beugt man vor, indem man zusätzlich liked, also wenn es likenswert ist.
Twitter – warum macht man das?
Weiß ich auch nicht. Erst wollte ich nur meinen Blog da bekannt machen, weil das in jedem Blogger-ABC steht. Dann lernte ich die Schnelligkeit schätzen – und saß eines Abends platt vorm Rechner, als kurz nach dem Terroranschlag in Paris ein Live-Periscope-Video zu sehen war. Mittlerweile mache ich in solchen Fällen Twitter sofort aus, weil solche Themen schneller eskalieren, als echte Fakten vollumfänglich vorliegen.
Wer Sprache liebt, lernt Twitter schätzen: Auf Twitter sind regelrechte Wortakrobaten zu Hause. Man lernt, sich selbst auf 140 Zeichen zu disziplinieren, sich aufs Wesentliche zu konzentrieren. Natürlich sind die Finger oft schneller, als man seine Gedanken sortiert hat, und schwupps hat man selbst wieder belanglosen Mist in hinausgeschickt. Wenn einem das 2 Minuten später klar wird und peinlich ist, kann man einen Tweet jederzeit wieder löschen. Oder man hofft darauf, dass es schnell genug in der Timeline der anderen durchrauscht – im eigenen Profil bleibt aber alles stehen. Twitter lebt von der Schnelligkeit. Das gilt auch für Tippfehler: Lass ihn einfach so stehen. Auf Twitter ist einem keiner böse, wenn Autocorrect mal schneller war. Ständig nachkorrigieren nervt da viel mehr. An einer das/dass oder als/wie-Schwäche darfst du trotzdem gerne arbeiten.
Manchmal vergeht mir der Spaß, weil es mich ankotzt und deprimiert, wenn ich sehe, welche Tweets Erfolg haben. Selbst steuern kann man das so gar nicht. Wenn ich mir denke: „Woah, das ist so lustig, der Tweet wird so dermaßen durch die Decke gehen!“ passiert natürlich NICHTS. Im Gegensatz dazu staunt man dann wieder, wenn belangloser Shit auf einmal 26 Herzchen erhält. Insofern lehrt einen Twitter ziemlich Zen. Und dass „Erfolg“ oft damit etwas zu tun hat, einfach dem zu entsprechen, was die Masse mag (der Roy-Black-Effekt). Oder die richtigen Leute zu kennen. Wenn das nervt: Stummschalten, Twitter-Pausieren – oder drüberstehen. Selbst das kleinste Twitter-Vögelchen hat ein wunderhübsches Paar Flügel, das es jederzeit benutzen kann.