Es gibt eine unbeirrbare Masse, die am liebsten ständig Schwarz trägt: Gothics, Existenzialisten und Designer – um nur ein paar zu nennen. Aber was hat es mit dieser (Nicht-)Farbe auf sich? Spricht man mit Schwarzträgern, kommt ja oft schnell heraus, dass „Schwarz“ für sie weit mehr ist als nur eine Farbe: Es ist eine Haltung; es ist die Farbe der Kreativen, der Existenzialisten, der Extracoolen. Und erfüllt, so ganz nebenbei, ein paar vorteilhafte optische Kriterien. Aber woher kommt die besondere Wirkung, die schwarze Kleidung auf den Betrachter ausübt?
Schwarz tragen ist von Vorteil! –
1. Schwarz ist zeitlos und passt immer
Egal zu welcher Veranstaltung: Komplett schwarz und schlicht gekleidet kann man schlecht over- oder underdressed sein. Außer auf einer White-Dinner-Party vielleicht. Die alte Regel, dass Schwarz als Hochzeitsgast nicht erlaubt sein soll, scheint auch immer mehr aufzuweichen.
2. Schwarz sieht immer hochwertig aus
Schwarz schluckt so viel Licht, dass die Qualität fast zweitrangig wird. Schlechte Nähte und kleine Material- oder Verarbeitungsfehler fallen hier einfach nicht so schnell auf. Wenn man sich keine hochwertige, teure Kleidung leisten kann, ist die Wahl für die Variante in Schwanz ganz schlau: Damit wird ein 15-Euro-Blazer zwar nicht wie einer von Armani aussehen, aber immerhin besser als das gleiche Modell in Weiß oder Hellgrau.
3. Schwarz macht schlank
Braucht und will zwar nicht jeder, aber irgenwie ist es ja doch praktisch: Weil Schwarz auf sich selbst schlecht Schatten werfen kann und kaum reflektiert, wird ein Körper, der in Schwarz gehüllt ist, durch das auftreffende Licht nicht so stark dreidimensional modelliert. Dadurch entsteht der Schlankmacher-Effekt. Zunutze macht sich das der, der Schwarz partiell da trägt, wo er nach weniger aussehen will: Ein schwarzer Blazer lässt die Seiten automatisch schrumpfen und macht somit den Oberkörper optisch schmaler.
4. Auf Schwarz fällt Schmutz weniger auf
Zugegeben trifft das nicht immer zu: Oder wer hat noch nie das Katzen- oder blonde Haare von der pechschwarzem Jacke des Vordermanns an der Kasse wegzupfen wollen? Überschüttet man sich schlaftrunken mit Kaffee oder mittags mit Tomatensauce, fällt der Fleck auf einem schwarzen Oberteil jedoch weniger als auf einem weißen auf. Viel dunkler als Schwarz geht halt nicht. Und wo wir schon bei Flecken sind:
5. Bei Schwarz sieht man Schwitzflecken am wenigsten
Ist auch gut so, zumal man beim Schwarz tragen auch gerne schneller und/oder mehr schwitzt, weil Schwarz das Licht und damit auch die Wärme stärker absorbiert. Andererseits soll Schwarz die eigene Wärme vom Körper besser ableiten können, weswegen man in schwarzer Sportkleidung besser dran ist als in heller.
Warum tragen Kreative Schwarz?
Das typische Klischee des Designers, egal ob er Mode oder auf Papier gestaltet, ist häufig: Er ist von Kopf bis Fuß in Schwarz getüncht. Aber wieso nun? Die Leute, die selbst so phantasievoll und farbenfroh kreieren und sich mit sämtlichen Gestaltungs-Regeln auskennen, sollten es doch besser wissen.
Kreative sind häufig weit weniger an ihrer eigenen Person interessiert, als an dem, was sie machen (noch mehr zu den Kreativen in 11 Dinge, die Du vorher wissen solltest, bevor Du einen Designer datest). Ihre Kreation soll wirken und nicht sie selbst. Wie viele Modedesigner huschen am Schluss der Modenschau nur ganz kurz auf den Catwalk?
Zudem bündelt ein schlichtes Outfit die Kreativität: Wer sich Tag für Tag in seine schöne selbstgewählte – natürlich schwarze – „Uniform“ schmeißt und sich nicht mit einem übervollen Kleiderschrank quält, hat mehr Zeit und Kraft für die wichtigeren Entscheidungen des Alltags.
Bei Präsentationen tragen Designer Schwarz – denken wir nur kurz an Steve Jobs oder Karl Lagerfeld. Gerade der schwarze Rollkragenpulli scheint bei Designern geradezu obligatorisch. Der kreative Kopf schwebt förmlich darüber, der Charakter kommt deutlich zum Vorschein. Es geht um den Menschen, was er macht, was er geschaffen hat – und nicht, welches fancy grün-lilane Designer-Hemd er trägt.
In der Farbpsychologie heißt es gar: Schwarz ist die absolute Finsternis, aus der Neues entstehen kann. Das erklärt doch nun wirklich alles!
Jeder kann Schwarz tragen
Schwarz lenkt kaum ab, sondern den Blick erst recht auf das Gesicht. Vielleicht wirkt es einen Hauch fahler. Wer das Gefühl hat, dass Schwarz „einen verschwinden lässt“, steuert eben dagegen: Ganz blasse mit feuerrot gefärbtem Haar, knallroten Lippen oder dunklen Smokeye eyes oder einer markanten Brille. Schwupps, ist das Gesicht wieder da.
Schwarz tragen geht im Grunde ziemlich einfach, man muss sich nicht wirklich fragen, „ob das jetzt dazu passt“. Schwarz kann unmöglich nicht passen.
Und dann ist Schwarz tragen auch noch eine Sache für Faule. Denn was geht einfach so ziemlich immer? Schwarze Jeans und ein schwarzes Oberteil. Fertig. Langweilig, ne? Aber gleichzeitig doch auch gut und gar nicht so lahm, wenn man darauf achtet, dass die schwarze Klamotte einen besonderen Schnitt hat oder ein paar spannende Accessoires dazu kombiniert. Bei Schmuck stellt sich gar nicht erst lange die Frage, ob Gold, Silber oder Kupfer oder Roségold. Das passt alles wunderbar zu Schwarz!
Schwarz optimiert so ziemlich jeden Stil
Schwarz hält sich vornehm und cool zurück: Seine Aussage ist so bedeutend wie dezent gleichermaßen. Während ein rosa T-Shirt einfach schon wegen seiner Farbe eine Message sendet und Wirkung erzielt, ist ein schwarzes Shirt erst einmal ernüchternd neutral. Gut, Weiß oder Grau können das auch, aber schaffen die beiden auch das:
Schwarz kann elegant wirken oder rockig: Wir denken an das klassische kleine Schwarze, den schwarzen Anzug – oder an schwarze Lederhosen und zerrissene schwarze T-Shirts oder grobgestrickte schwarze Pullis dazu und natürlich coole schwarze Boots. Minimalistisch wird Schwarz mit einer weiten Culotte und schmalem Oberteil oder wild-romantisch mit Spitzen-überladenen Röcken und Kleidern. Schwarz kann also so ziemlich alles. Außer lieb. Ein weißer Bubikragen an einem schwarzen Kleidchen wirkt süß? Meint nur der, der nie die Addams Family gesehen hat.
Ist Schwarz nicht glatt ein Stil-Booster, der Rockiges noch rockiger, Elegantes noch eleganter und Cooles noch cooler macht?
Schwarz ist pöhse!
Natürlich wird auch viel Negatives mit Schwarz assoziiert: Das Negative an sich, ja das pure Nichts. Schwermütigkeit. Einsamkeit. Melancholie. Als Trauerfarbe gilt Schwarz aber nicht überall, das ist vor allem kulturell bedingt – in Asien oder buddhistisch geprägten Ländern trägt man beim Trauern Weiß.
Trage ich nun immer Schwarz?
Nö. Aber viel. Je nach Tageslaune (die mich mehr als alles andere beim morgendlichen Anziehen diktiert) erdrückt mich Schwarz auch mal. Ich erinnere mich dunkel an eine Phase, in der ich Lust auf „Häschenfarben“ hatte – Wollweiß, Hellgrau, softes Hellbraun, ja sogar fast Rosé. Die war allerdings schnell wieder weggehoppelt, weil ich mich damit wie ein Häschen fühlte: Zu sanft, weich und angreifbar. Farben wirken eben nicht nur nach außen, sondern auch nach innen!
Natürlich ist es auch Gewöhnung, und phasenweise habe ich Schwarz über. Aber das ändert nichts daran, dass meine Kleiderkommode überwiegend Schwarz enthält. Öffne ich sie, sehe ich erst mal nichts. Schwarze Klamotten in schwarzen Schubladen – da hat jemand beim Möbelkauf ja mal richtig gut mitgedacht! Ich erkenne die Teile aber an der Haptik. Schwarz öffnet den Blick für die Texturen, die alle in Schwarz so wunderbar wirken, egal ob als grober Twill, flauschige Wolle, zarte Spitze oder einfach glatter Jersey.
Dennoch gibt es ein paar „schwarze Nogos“ bei mir. Folgende Dinge würde ich niemals in Schwarz tragen.
- Schwarze Regenschirme
Bei tristem Regenwetter „muss“ bei mir ein Schirm wunderbar leuchtend farbig oder wild gemustert sein. Das Wetter alleine ist doch dann schon düster genug, her mit einem Farbklecks! - Fett umrandete schwarze Kajal-Augen
An orientalischen Typen wunderschön, an anderen hat es doch oft schnell etwas Billiges, vor allem wenn der Kajal nur kiloschwer auf dem Unterlid ruht und es traurig nach unten hängen lässt. Das sollte dann schon echt gut gemacht sein. Lisa Eldridge zeigt in diesem Video, welchen großen Unterschied ein bisschen Augengloss oder Vaseline da machen kann. - Schwarze Handtaschen
Nun gut, ich habe nicht keine. Aber vergleichsweise wenige. Und es scheint ein bisschen ein typisches Auxburger Phänomen zu sein, dass die Frauen hier überwiegend cognac-farbige Taschen tragen. Da kann ich mich anschließen. Gerade wenn ich von Kopf bis Fuß schwarz trage, scheint mir so ein Farbklecks doch eine willkommene Abwechslung. Und da ich nur Taschen mit netten Details mag, ist Schwarz sinnlos, weil man die da dann nicht mehr sieht 😉 - Schwarze Chucks
Ich liebe Schwarz. Ich liebe Chucks. Aber bei schwarzen Chucks rollen sich mir die – momentan übrigens schwarz lackierten – Zehennägel in meinen minzgrünen, altrosa, grauen oder weißen Chucks auf. Bei dunklen Chucks hasse-hasse-hasse ich den harten Kontrast zwischen den weißen Nähten und dem Stoff. Fragt nicht, warum – ich weiß es selbst nicht.
Weiterführende Links für alle, die in diesem Artikel noch nicht genügend Schwarz gesehen haben:
18 Dinge, die nur Leute verstehen, die immer Schwarz tragen.
Und weil Schwarz nicht Schwarz genug ist: Das „Vantablack“ ist noch schwärzer, berichtet die Süddeutsche.
Dieser Artikel wurde am 8.1.2023 minimal aktualisiert: Besserer Textfluss, Neue Kleiderkommode anstatt alter Kleiderschrank. 😉