Wir befinden uns in derart verrückten Zeiten, dass selbst die Unverrücktesten zu meditieren anfangen: Weil es ja bekanntermaßen beruhigt und den Kopf klar macht. Dass das gut tun könnte, gesteht sich nun womöglich selbst der pragmatischste Realist ein, der sonst mit Yoga, Räucherstäbchen und sowas nichts am Hut hat. Jeder hätte gerne mal mehr Stille im Kopf, mehr Ruhe im ganzen Körper. Was bedeutet Meditieren für Anfänger aber nun genau?
Hier bekommt selbst der nüchternste Pragmatiker die Tools, wie es geht – bzw. erfährt, warum es gar nicht darum geht, dass es geht. Whaaaat? Ja, Meditation ist ein wunderbares Paradaxon, das mit „aktiver Entspannung“ beginnt und in Nichts und Alles endet. Wohoo, doch ganz schon fancy.
Warum ich dir hier über Meditation berichte?
Dass Meditation Sinn macht, um Geist und Emotionen zu beruhigen, ist mittlerweile hinlänglich bekannt.*
Ich selbst meditiere seit 1995. Nicht immer gleich viel, nicht immer auf die gleiche Art, aber ich bin seitdem dran, weil ich einfach merke, dass es mir gut tut. Ein Profi bin ich deswegen noch lange nicht, dafür sehr wohl ein Profi in Sachen Probleme, die sich beim Meditieren für Anfänger stellen. Deswegen möchte ich hier meine Erfahrungen teilen, damit es für dich bestenfalls einfacher geht. Die Zeit ist jetzt dafür einfach reif.
Dabei ist Meditation wie so vieles höchst individuell: Du wirst für dich vieles eruieren müssen. Wie du am besten meditierst (es gibt ja sooo viele Methoden!), in welcher Position es am besten bei dir „funktioniert“, ja selbst sogar wie das „Funktionieren“ bei dir überhaupt aussieht. Das Wichtigste und vermutlich auch Erleichterndste gleich zu Beginn:
Mach es dir nicht unnötig schwer.
auxkvisit zum thema „Meditieren lernen“
Aber bescheiß dich auch nicht, indem du es dir zu einfach machst. Wobei die Hauptsache ist, dass du es überhaupt machst.
Ruhig, Brauner!
Wenn du noch nie meditiert hast und gleich den Weg wie ein Zen-Meister** gehen willst, kannst du eigentlich nur scheitern. Das ist genauso, wie wenn ein Untrainierter einen Marathon laufen will und sofort losstürmt. Das ist wirklich wie beim Sport: Training ist alles! Und ja, was Meditieren für Anfänger auch mal sein kann: Langweile. Bocklosigkeit. Mach trotzdem weiter, wenn du eh schon zehn Minuten sitzt, die weiteren zehn schaffst du auch noch!
Probiere Zen-Meditation ruhig aus, vielleicht ist es auch total dein Ding, und du kannst deinen Kopf von Null auf Hundert auf Nichts schalten. Denn das meinen die Meisten: dass es um rumsitzen und an nichts denken geht. Totale Stille im Kopf. Ach, das wäre doch mal schön!
Ich muss doch einfach nur nichts denken?
„Nichts denken“ ist ein verdammt hoher Anspruch – gerade bei uns Kopfmenschen, die heute die Meisten sind. In unseren Köpfen rattert es den ganzen Tag. Wäre doch cool, wenn man das Geschnatter im Kopf, die Sorgen und Hamsterräder komplett ausschalten könnte. Das ist es oft, was Meditieren für Anfänger bedeutet.
Wie schwierig das ist, wirst du merken, wenn du es das erste Mal versuchst. Du wirst es vermutlich maximal für wenige Sekunden schaffen. Wenn du das gleich schaffst, ist das – ernsthaft! – richtig viel. Aber auch richtig anstrengend.
Bevor du dich derart quälst, geh anfangs ruhig den leichteren Weg: Alle Gedanken, all das Zeug darf da sein. Der Trick ist „einfach“, dass du „nur“ zuschaust. Dass es nicht ganz so einfach ist, siehst du dann, wenn du es machst. 😉
Beobachter statt Denker sein
Du sitzt also nun womöglich im Schneidersitz auf den Boden, und deine Gedanken drehen sich im Kreis: Was du noch alles tun musst, was das hier soll, dass du eigentlich Hunger hast, ob noch genügend Tomaten für den Salat im Kühlschrank sind, ob Bio aus den Glashäusern in Spanien und Italien überhaupt so geil ist. Dir fällt womöglich ein, wie dich irgendwas im Homeoffice oder eine Nachricht heute unnötig aufgeregt hat und könntest dich schon wieder aufregen.
Hier sagst du in deiner Meditation „einfach“ STOPP. Stell dich schon einmal darauf ein, dass du anfangs verdammt oft STOPP sagen müssen wirst.
Lade Gedanken nicht mit Emotionen auf, versuche, sie nicht ewig weiterzuspinnen.
Du kannst dir vorstellen, dass die Gedanken wie Wolken vorbeiziehen, dass sie wie die Affen im Zoo in ihrem Gehege herumturnen und du eben nur zuschaust, dass die Gedanken wie Datenströme sind, und du machst jetzt das Modem aus … Irgendeine Assoziation wird dir schon kommen, die dir hilft, den Gedanken Herr zu werden.
Wenn du dich damit schwer tust, helfen dir vielleicht geführte Meditationen. Da spricht dir ein anderer den ganzen Ablauf einer Meditation vor, das heißt, du musst nur zuhören. Und wenn ein anderer spricht, denkt man selbst ja bestenfalls auch weniger, sollte man zumindest 😉

Meditieren für Anfänger dargestellt an einer klassischen geführten Meditation
In einer geführten Meditation für Anfänger spricht ein netter Mensch den ganzen Text, den du dir sonst selbst vorstellen würdest, damit du meditieren kannst. Es gibt auf YouTube unzählige. Meine Lieblingskanäle verrate ich dir am Schluss des Artikels.
Der Aufbau ist oft ähnlich:
- Du wirst eingeladen, im Moment anzukommen, es dir ruhig zu machen (Handy aus etc.) und dir eine passende Position zu suchen (klassisch im Sitzen, geführte Meditationen oft auch im Liegen)
- Der Weg in die Entspannung geht anfangs vor allem über den Körper, also wirst du erst den entspannen
- Du konzentrierst dich immer mehr und mehr auf deine Atmung (schön in den Bauch hinein)
- Du widmest dich der Aufforderung, Gedanken einfach sein zu lassen, ihnen keine Aufmerksamkeit zu schenken. (Was immer wieder passieren wird – das ist auch voll okay, sobald du das bemerkst, hörst du damit auf und fokussierst dich wieder auf den Atem.)
- Optional: Jetzt wird vielleicht noch ein spezielles Thema angesprochen. Einige Meditationen dienen zum beruhigen, andere zum wieder-wach-machen, andere um gewisse Themen zu bearbeiten (Ängste, Blockaden …).
- Du erhält immer wieder die Aufforderung, alles da sein zu lassen, was da ist, es anzunehmen, aus der Beobachterposition anzuschauen, anzunehmen.
- Sachen passieren mit dir ?…
- Oder auch nicht! ?
- Du wirst wieder sanft aus der Meditation geführt: Der Fokus geht wieder mehr auf den Körper, du kommst wieder mehr in dein Tagesbewusstsein zurück.
- Du machst die Augen wieder auf und fühlst dich irgendwie anders – oder auch nicht.
Was nun, wenn dir das Gelaber von so einer geführten Meditation nicht zusagt?
Quatsch deiner Gedanken-Endlosschleife lieber selber rein: Mit einem Mantra
Wenn du für geführte Meditationen nicht empfänglich bist, kannst du dich anders von deinem Gedanken-Affengehege im Kopf ablenken: Mit einem Gedanken, den du immer wieder und wieder wiederholst. Das bekannteste ist das „Om“, ein ebenfalls klassisches ist „Om mani padme hum“. Wenn du mit dessen Übersetzung „Oh du Juwel in der Lotusblüte“ nichts anfangen kannst, such dir etwas aus, das sich für dich stimmig anfühlt. Was hier wichtig ist:
Du musst dein Mantra glauben.
„Ich bin ganz in Ruhe“ wird dich vielleicht noch mehr aufregen. Eben will du es jetzt nicht bist. Das ist dann so beschwichtigend wie ein „Jetzt komm mal runter!“ Formulier dein Mantra so, dass es dich überzeugt. „Ich fühle mich von Sekunde zu Sekunde immer ruhiger“ klingt schon machbarer, oder?
Es gibt hier kaum Regeln, außer: Formuliere es positiv. Dein Unterbewusstsein kennt kein „nicht“ oder „kein“. Wenn dir das schon zu ego ist, nimm das: Dein Gehirn wird von Verneinungen verwirrt. (Quelle: Speechcare)
Und formuliere es in der Gegenwart. Wenn du deinem Unterbewussten immer sagst, dass du ganz gesund sein wirst, wird dir dein Unterbewusstes antworten mit: „Ja, dann kannst du das zukünftig gerne sein!“ Lehnt sich zurück und macht erst mal nix, weil deine Aufforderung ja nicht konkret war.
Ein paar Vorschläge:
Anstelle von „Der Kollege X regt mich nicht mehr auf“ – „Ich bin von Sekunde zu Sekunde entspannter“
Statt „Ich bin nicht krank“ – „Ich von Moment zu Moment immer gesünder“
„Was im Außen passiert, wird mich nie wieder störten“ wird ersetzt durch „Ich ruhe in diesem Moment ganz in mir selbst“
Formulier, was dir Spaß macht, sich gut anfühlt. Als ich mich neulich etwas kränkelnd fühlte, sagte ich mir, dass jede Zelle meines Körpers so gut gelaunt ist und Party machen will, dass sie allen anderen neben sich mit ihrer überschwänglichen Enthusiasmus auf den Keks geht (etwas netter formuliert). Hat geklappt!
Neinneinnnein – ich möchte schnellstmöglich in die absolute Stille kommen
Dich spricht Zen-Meditation am meisten an? Dann nimm als Anfänger deinen Atem als Guideline: Denke dir die Worte „einatmen“ und „ausatmen“, wenn du es tust. Irgendwann nur noch „eeeeinnnn“ … „aaaausssss“. Wenn dir andere Gedanken werden kommen, lässt du die daran abprallen.
Stell dir doch einfach vor, du wärst in eine Teflonschicht gegen Gedanken gehüllt!
Oder zähle in einem Rhythmus, der sich gut anfühlt. Reduziere deine Gedanken auf ein Minimum, damit der Atem selbst immer mehr in den Fokus rückt, bis du dich ausschließlich auf ihn konzentrieren kannst.
Atmen heißt beim Meditieren für Anfänger übrigens immer: Schön in den Bauch hinein. Ja, das ist vielleicht nicht so schön, wenn der sich richtig rauswölbt und mitbewegt. Ist aber wurst. Sieht ja keiner. Nicht mal dein innerer Beobachter, denn in der Regel hältst du bei der Meditation die Augen geschlossen. Irgendwann wirst du auf die tiefe Atmung nicht mehr achten, sie stellt sich schnell von selbst ein und geht in einen natürlich-tiefen Rhythmus über.
Und wenn nun gar nix passiert bei der Meditation?
Du sitzt oder liegst also herum, machst möglichst wenig außer dich selbst beobachten und atmen, was irgendwann auch ganz schön anstrengend sein kann, und denkst dir höchstwahrscheinlich irgendwann auch mal: Warum mache ich das überhaupt? Soll ich nicht lieber gleich abbrechen? (Niemand hält dich auf, aber wenn du schlau bist, machst du weiter, wenn du eh schon dran bist.)
Vielleicht stellt sich schnell eine innere Ruhe ein.
Vielleicht passiert aber auch gar nichts. Was für Effizienz-Fetischisten ein ziemlicher Abtörner ist: Wenn das nicht „funktioniert“, wieso soll ich es dann überhaupt machen?
Es kommt bei der Meditation nicht auf den Bumm-Wow-Effekt an, sondern erst einmal um die Routine und es überhaupt zu machen. (Wie so oft, ich schrieb schon einmal darüber, welche Macht das Machen hat.)
Meditation ist in dem Sinne nichts anderes als Training.
Setz dich täglich hin für eine gewisse Zeit. Ich behaupte übrigens: 5 Minuten reichen da nicht, in dieser Zeit wirst du kaum an einen Punkt kommen, an dem dein Hirn ernsthaft Ruhe gibt ist. Nimm dir lieber 20 Minuten, besser eine halbe Stunde. Wenn du erst einmal an den Punkt gekommen bist, in dem sich ein Schalter auf RUHE umgestellt hat, wird dich dieses Erlebnis mehr motivieren. Aber verbeiß dich nicht in die Idee, jedesmal an diesen Punkt kommen zu wollen. Wobei ich dir jetzt natürlich schon gerne verrate, wie es aussehen kann, wenn Meditation „klappt“, damit du eine Ahnung dafür bekommst, wofür du das überhaupt machst.
Was passiert, wenn Meditation funktioniert?
Ich kann es natürlich nur aus meiner Perspektive erzählen.
Vorab: Mein Hirn ist im Alltag ständig im Rattermodus. Jahrelang habe ich deswegen nur mit geführten Meditationen für Anfänger und Fortgeschrittenere im Liegen meditiert. Das war immer nett, entspannend, aber richtig „weggerutscht“ bin ich dabei nur selten – höchstens in den Schlaf … (Was ja auch gut ist.)
Irgendwann im Verlauf des letzten Jahres habe ich kapiert, dass ich, ja auch ich Ratterhirn es verdammt noch mal schaffen kann, von der Beobachter-Position in die totale Stille zu kommen. Ich habe mich gezwungen, mehr auf die Pause zwischen den Gedanken zu fokussieren. Im Sitzen. Und da ist es passiert:
Etwas in mir macht gefühlt auf („Plopp!”), wird ganz weit. Als würde eine Flügeltür auf meiner Stirn aufgehen. In diesem Moment – auch schon vorher – spüre ich nicht mehr, wo mein Körper ist, wo er anfängt, aufhört. Ich rutsche in eine Weite, in ein Nichts. Es ist wohlig, weich, warm, unaufgeregt. Es war … ja, nun eben … so still. Watteweiche Leere, reich an nichts.
Als das das allererste Mal passierte, meckerte in mir gleich ein Stimmchen: „Ach, das war’s jetzt? Das ist ja laaaangweilig!“ Ja, es ist nicht spannend oder aufregend, was da passiert. Aber genau das macht es spannend und aufregend. Immerhin gehe ich nach so einem „Plopp!“ mit einem wesentlich aufgeräumteren, frischeren, klaren Kopf wieder in den Alltag hinein. Es ist die ultimative Verschnaufpause.
Es fühlt sich so an, als wäre man lange, lange in den Urlaub gefahren ist, und nun steht man endlich am Meer. In der Meditation kommt man halt nicht der Atlantik oder das Mittelmeer, sondern bei einem selbst an. Guckt raus und … genießt die Stille, den Ausblick, die Weite.
Und das alles währt vermutlich nur wenige Sekunden währt. Sobald sich mein Verstand einklinkt und „Wie geil ist das denn!“ denkt, ist es schon wieder vorbei. Macht aber nix, denn das gute Gefühl nimmt man eine gewisse Zeit in den Alltag mit hinein.
Manchmal fühle ich mich auch, als wäre mein Kopf der Stecker eines Ladeteils und ich spüre regelrecht ein Kribbeln und Vibrieren über dem Kopf. Das ist jetzt der Teil, an dem beim vernünftigen, pragmatischen, nichtspirituellen und um Himmels Willen nicht esoterischen Leser mindestens eine Augenbraue nach oben schnellt, weswegen ich da jetzt erstmal lieber aufhöre. Kannst also die Augenbrauen wieder runterpacken! Wobei, vielleicht aktiviert das ja dein drittes Auge …

Und nun? Lust auf Meditation bekommen?
Dann leg los! Nimm dir deine Zeit für dich, am besten gleich morgens nach dem Aufstehen oder vorm Einschlafen. Tagsüber kannst du natürlich auch meditieren, aber da ist es nochmal schwieriger, die Gehirnwellen zu besänftigen, als wenn du ohnehin schon im Fast-Schlaf-Modus bist.
Am besten geht es übrigens meistens leider doch im Sitzen. Meditieren für Anfänger erfordert nicht, sich gleich in den zu Lotussitz verknoten, ein Schneidersitz oder etwas ähnliches geht auch. Du kannst auch auf einem Stuhl sitzen, wichtig ist nur, dass du den Rücken selbst aktiv gerade hältst, also möglichst nicht anlehnen.
Und dann: Ab in die Stille. Welchen Weg du dafür auch immer wählst.
Genieß ihn, und wenn es nur heißt, dass du jetzt eine halbe Stunde nur für dich mit dir verbringst. Allein schon die ist es wert, sich zum Meditieren hinzusetzen.
Quellen:
*Ein paar Quellen, dass Meditation gesund ist und Meditieren für Anfänger nichts mit Esoklimbimm zu tun haben muss, wenn man das nicht mag:
Wie Meditieren das Gehirn verändert: Immer noch halten viele Menschen die Meditation für eine rein religiöse Praxis. Dabei entfaltet sie messbare Wirkung – auf Gehirn, Gedanken und Gesundheit. (Kai Kupferschmidt, Süddeutsche)
Die lernende Seele: Neurowissenschaftler entdecken das Meditieren als Mittel gegen Stress, Angststörungen und Depressionen. Sich mit dem Geist zu befassen, führt zu erstaunlichen Veränderungen im Gehirn. (Jörg Blech, Spiegel, 2013)
**Zen-Meister Hinnerk Polenski auf YouTube (mit vielen Infos rund um Zen-Meditation, flucht auch mal und lacht, also sehr down to earth und nachvollziehbar)
Geführte Meditationen auf Youtube – auxkvisite Lieblinskanäle/-meditationen:
Anleitung zum bewussten Fühlen, Teil1, Robert Betz (sehr gut für Anfänger, da sehr körperbasiert)
Body Scan Methode nach Jon Kabat Zinn – Klassiker von Achtsamkeits-„Erfinder“; ebenfalls sehr körperbasiert, [englisch]
Tiefenentspannung – Stress abbauen, Katja Kann (sehr schöne Stimme auch)
Bildnachweise:
Titelbild: Photo by Anastasia Taioglou on Unsplash
Illustrationen: © Miriam Lochner