Das Kuahgartn in Edling hat genau die Eigenschaft, die für mich ein perfektes Festival braucht: Es ist klein. Für viele bestimmt viel zu klein – es dauert nur einen Tag, hat keine hundert Kunst- und Schmuck-Stände, und die Essens-Auswahl ist begrenzt. Ja, das Kuahgartn ist kein Modular. Es ist eben viel, vieeeeeel kleiner. Und: Boarisch. So tief boarisch, dass richtige Augschburger nicht ohne Dolmetscher hinfahren können. Aba I bin ja koana.
Kuahgartn-Festival am Stoa
Aufs Kuahgartn in Edling wäre ich nie gekommen, hätte mich nicht eine Freundin, die dort ums Eck wohnt, dazu eingeladen. Der Blick ins Line-Up überzeugte mich schnell: Hej, Leyya ist mit dabei! Nichts wie hin.
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„Es ist klein“, warnt mich die Freundin vor. Wir kommen früh an, sichern uns einen guten Parkplatz, und die Festival-feste Freundin zückt Campingstuhl, Picknickdecke, Fingerfood und Sekt. Man muss sich ja erst mal einstimmen und die fantastische Natur herum auf sich wirken lassen: Das Kuahgartn ist mitten im Nirgendwo. Einem sehr, sehr grünen Nirgendwo. Würden nicht ab und zu Bässe vom Soundcheck herwummsen, hörte man die Grillen zirpen. Es riecht nach Gras, mal mehr, mal weniger.
Andere Leute richten sich bereits um drei ihr Auto zum Schlafen ein, und es ist erstaunlich zu sehen, wie viel Matratze in ein kleines Auto passt. Wiederum andere fläzen mit ihren Kindern und/oder Hunden auf Picknickdecken vor ihren Autos herum – Festival-Stufe 1. Wer Festival-Stufe 2 bevorzugt, hat ein paar Meter weiter seinen Camping-Platz aufgeschlagen. Direkt neben dem Wald. Durch den bereits die Musik schallt.
Es ist unmöglich, den Berg zum Festivalgelände nicht schon im Takt hochzulaufen. Vorbei an dem Steckerlfisch, der mit Zauberkräutern behandelt sein muss, weil man vom Fisch nichts merkt. Oder war es doch veganer Fisch? Vorbei an ein paar kleinen Buden mit T-Shirts und Schmuck. Ich sehe eine kleine Bühne und die Brücke dahinter, vermute dahinter die große Hauptbühne. Und wo ist nun der ominöse Stoa? Die Freundin, manchmal auch bekannt als Sherlock, ahnt, was in mir vorgeht; mich streift ein amüsierter und leicht vorwurfsvoller Blick:
„Ich hab doch gesagt, dass es klein ist!“
Was ich als als Brücke wähnte, enttarnt sich als Gebäude, in dem Essen & Getränke verkauft werden. Unnötig zu erwähnen, dass es dahinter nicht weitergeht. Die kleine Bühne ist die große, und die kleine ist wortwörtlich einen Steinwurf entfernt: Mitten im Amphitheater ein paar Meter neben und unter der Hauptbühne.
Was hat es mit dem „Stoa“ auf sich?
Der Stoa ist ein Findling aus der Eiszeit, um ihn herum wurde das Theater hingekringelt. Dort finden häufiger Kulturveranstaltungen und Freiluftkino statt. Leider ist der Stoa aber nicht halb so groß, wie ich ihn vermutet hätte. Wäre ich komplett augsburgisiert, ich hätte ihn als „Schteinle“ bezeichnet. Sicher ist er groß, aber ich hatte ein Trumm erwartet, an dem man Platons Schattengestalten vorüberziehen sieht. Wenn man nachts dort unten tanzt, könnte man das aber meinen: Im Zusammenspiel mit der Festival-Beleuchtung zeigt der Stoa endlich, was er wirklich draufhat. Ein bisschen Magie – nicht mehr und nicht weniger.
Die Bands auf dem Kuahgartn Festival 2016
Wo es doch so minimini ist, könnte man vermuten, dass auch nur minimini Bands zu diesem Festival kommen. Falsch gedacht! Die Österreicher Leyya machen große Musik, und auch einige andere Bands waren keine Unbekannten, auch wenn einige mit Lokal-Colorit anwesend waren. Dennoch: Fotograben und Security vor der Bühne? Braucht’s da nicht. Lieber setzt man da auf eine gemütliche Vertrauensbasis. Und sonst hätte Findlay auch nicht einfach so Zuschauer auf die Bühne zum Mittanzen holen können.
Das Line-Up
Mich überzeugten fast alle Bands – 10/11 ist doch eine saubere Quote 🙂
- Oh Girl (nicht gesehen)
- William’s Orbit: Ein paar sympathische Jungs mit ihren Gitarren. Ehrlicher Indie-Rock. Live nochmal nen Ticken besser.
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- Lisaholic: Eher Hiphop, als einziger Act eher nicht so meins. ➳ Youtube
- Black Dog Cubik: Sehr amerikanischer Rock, sehr viel Blues – back to the roots. ➳ Youtube
- Faber: Krächzige Stimme, gepaart mit Bläsern und einem Hauch Annenmaykantereit. ➳ Youtube
- Isolation Berlin: Hört man und fühlt sich sofort in den 80ern. ➳ Youtube
- Leyya: Großartige Österreicher, was will man dazu noch lange sagen. Schade, dass sie noch bei Tageslicht dran waren.
- Dicht & Ergreifend: Kennt man natürlich als Augsburger, die boarischen Schnodderschnauzen mit ihrem Bazi-Rap. Saucool. Tanzbar. Immer! ➳ Youtube
- Ben Caplan: Wer bis dahin dachte, Faber wäre das stimmlich Krasseste auf dem Kuahgartn, reibt sich nun erstaunt die Ohren. Holy Shit, wie kann ein junger Kerl bitte so klingen? Wie ein Kapitän, der bei schiefem Seegang sinkt, äh, singt und dabei ’ne Flasche Whiskey schwingt.
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- Findlay: Eben noch auf dem Kuahgartn, befinde ich mich plötzlich in einem Londoner Club der 60er Jahre irgendwo in einem stylischen Kellergewölbe. Ich bin ein Mod. Und modsmäßig begeistert, welche Stimme und Stimmung dieses zarte Persönlichen auf die Bühne bringt. ➳ Soundcloud
- Loisach Marci: Nennen wir es „Alpentechno“, was er macht. Wobei da noch mindestens 2/3 der restlichen Mischung fehlen: Ein bisschen urbaner Hiphop hier, etwas Weltmusik da. So eine irre Mischung habe ich noch nie gehört. Ich wollte bei der Freundin sitzen bleiben, die tanztechnisch verhindert war, aber es ging einfach nicht, ich musste runter zum Stoa, hinein in die ruckelnde Masse. Ein Zweimeter-Mann ließ sein Gewicht auf meinem Fuß nieder. Egal. Rund um den Stoa wird’s eben schnell eng, wenn die Musik gut ist. Also fast immer.
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- Rakede: Der würdige Abschluss fürs Kuahgartn. Der Sound: Wieder härter. Das Publikum springt auf und ab, die Rakede hebt ab.
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Ein paar Fakten zum Schluss
- Anstatt mit Barem zu zahlen, kauft man sich anfangs eine Wertmarke. Das ist praktisch, weil so das „Zahlen“ überall viel schneller geht.
- Das Festival-Ticket kostet 27 Euro (VVK); in Auxburg kann man keines kaufen, eher in Traunstein, Rosenheim und so.
- Es hätte auch ein Warm-Up gegeben, eine Feierei am Vorabend, da waren wir aber nicht.
- Das Bier da schmeckt erstaunlich gut. Ich hasse Bier sonst, konnte da aber nichts anders trinken – naja, Wasser vielleicht – und war erstaunt, wie süffig das ist.
- Schlaue Leute benutzen ihre Schuhe als Getränkehalter. Klingt erst mal bäh, ist aber echt sinnvoll – weil man tagsüber auf einem Hügel liegt, von dem gerne mal Bierbecher herunterrollen. Ich spreche leider aus Erfahrung.
- Ich habe auch mal Dosifant gehalten.
- Ein paar Tweets rund ums Kuahgartn gibt es von mir unter #muhsik zu finden.
Und nein, trotz meines vergleichsweise enormen Bier-Konsums (ganze zwei Halbe; Zuckerhaltiges ging da grad nicht, also auch kein Radler, Limo oder Gin Tonic) kam es nicht zu #muhsick am Folgetag. - Alles zum Festival findet Ihr hier: kuahgartnopenair.de
Ja, es ist schon ein Weilchen her: Am 3. September 2016 fand es statt.
Fazit
Ich war zum Einfach-Genießen-Und-Erleben da – und hatte absolut nichts erwartet. Vielleicht war es deswegen so gut. Tatsächlich steht das Kuahgartn in meinem Festival-Ranking nun ganz weit oben: Es. Ist. So. Herrlich. Relaxt. Da. Gleichzeitig stimmt die musikalische Qualität und Auswahl, wenn man es lieber ein bisschen rockiger und handgemachter und mit mehr Wumms mag. Und es ist halt in Bayern.
Ursprünglich da aufgewachsen, fühle mich in dieser Ecke sauwohl – allein schon dieser herrliche Dialekt! Als einer fragte: „Und wo kummt’s iah hea?“ staunte er nicht schlecht über meine Antwort. „Is ja glei ums Eck!“ Die Bayern haben einen guten Humor, das muss man ihnen lassen. Und das Kuahgartn bitte auch. Deswegen vergesst einfach alles, was ich eben geschrieben habe. Ich war nie da. Werde aber sicher wieder da sein.