Man kann es ganz wörtlich nehmen, wie sich das LAB30 auf den Plakaten selbst bezeichnet: Es ist ein Medienkunstfestival. Viel davon zu erzählen bringt da herzlich wenig, da hilft nur hingehen. Heute, am Sonntag, habt Ihr die letzte Chance dazu! Los ging es ja schon am Donnerstag: Vom 26. bis 29. Oktober 2017 beheimatet das Abraxas jede Menge moderne Kunst.
Ist das Kunst oder kann das … was kann das eigentlich?
„Einfach durchlatschen“ kann man natürlich machen. Aber dann erschließt sich das Meiste nicht so ganz. Schnappt Euch also die Flyer, die jedes Exponat genau erklären – oder redet lieber gleich mit den Leuten, die extra dafür bereitstehen. Mit vielen Installationen muss man interagieren, damit sie erst richtig wirken.
Besonders bezaubernd fand ich die Komposition für selbstspielende Triangeln. Schüchtern, aber unbeirrbar klopfen 19 Triangeln mihilfe von Magneten scheinbar von Zauberhand eine zarte Melodie. Wenn mal eine Dissonanz zu erhaschen ist, kann man sich fragen: Ist das jetzt ein Zufallsprodukt oder gehört es mit zur programmierten polyphonen Komposition? Ich fühle mich wie Momo in Meister Horas gewaltiger Uhrensammlung. Die Installation stammt von Tina Tonagel aus Köln. Hier eine kurze Impression:
Eine alte Bekannte ist Ex Unda von Alice Strunkmann-Meister. Wer auf der Werkschau der Hochschule Augsburg war, hat diese Installation – Alices Masterarbeit – bereits zu Gesicht bekommen: Mit Wasser befüllte Glasscheiben bewegen sich von Motoren getrieben auf und ab. Von der Decke projiziertes Licht malt mandalaeske Zeichnungen auf den Boden –mal kristallklar, mal sachte Rotationen. Lateiner erinnern sich: “Unda” bedeutet Welle. Und genauso wie das Wellengucken am Meer beruhigt, könnte man sich bei dieser Installation wegträumen. (Wenn du mehr sehen willst: Hier gibt es dazu ein Video auf Vimeo.)
Der stille Star inmitten der Ausstellung
Die Installation Vibrant Matter von Els Viaene lebt. What? Ihr muss man einfach live zusehen, auch wenn das dauern kann: Langsam bildet sich aus der Papiermembran eine Skulptur, die ein unpoetischer Mensch für ein überdimensional verknülltes Tempo halten könnte. Ein Origami, das gerade aufwacht und einen eigenen Weg gehen will, könnten die anderen sagen. Das Papier ist mit Magneten versehen. Wie diese nun aufeinander wirken hat unmittelbare Auswirkung auf die Oberflächenstruktur: Manchmal schwebt das Papier, bäumt sich geradezu auf. Erstaunte Augen, desinteressiertes Papier. Es formt sich munter weiter. Zu was? Wir werden sehen.
Gar nicht still: Die Konzerte am Samstag
Walter Dean besteht aus Klangkünstler Jean-Baptiste Cognet und der Videokünstler Guillaume. Was im Programm als „Elektronische Klänge werden mit Einflüssen des Rock verwoben“ angekündigt wurde, entpuppte sich zum Großteil als Noise.
Sphärische Klänge und schwebende, fast schon greifbar-kompakte Lichtkegel umschweben den Zuschauer zu Beginn. Doch diese Harmonie währt nicht lange. Man stelle sich vor, man wäre eine Maus, die auf einer Autobahn um ihr Leben rennt, und die die Lichtkegel der Gegenfahrbahn stürzen sich auf einen zu. Das Mäuseherz schlägt 300 Schläge in der Sekunde. Der Sound, der diese Szenerie untermalt: kreischend, laut. So hektisch wie die Musik verließen erste Besucher den Theatersaal, und durch meinen Kopf huschte der böse Gedanke „Typisch Datschiburger!“. Ja, diese 30 Minuten waren mitunter anstrengend. Aber deswegen gleich rausgehen und die Künstler und Aufführung stören? Am Eingang stand ja eine deutliche Warnung vor dem Stroboskop-Effekt stand. Ich fand die visuellen Effekte auch arg und saß irgendwann mit den Händen vorm Gesicht da, fand die ganze Show aber viel zu faszinierend, um auch nur eine Sekunde früher als nötig abzuhauen. So eine gewaltige, intensive Atmosphäre erlebt man nicht jeden Tag.
Die große Überraschung am Samstag: JOASIHNO
Joasihno wurde im Programmheft als „Nils Frahm, Moondog und Steve Reich“ geteasert. Mit Vergleichen ist es ja immer so eine Sache – und dann gleich drei! Mir hat die Info gereicht, dass jemand von Notwist beteiligt ist. Vermutlich hätte ich das gar nicht lesen müssen, um es gleich herauszuhören: Denn auch Joasihno machen verdammt clevere, melancholische und kraftvolle elektronische Musik mit analogen Elementen (Blockflöte, hallo hallo!).
Die Musiker: Gleichzeitig hoch konzentriert und dabei so herrlich entspannt. Von der ersten Sekunde an befinden sie sich im Flow mit ihren technischen, loopenden und sich im wahrsten Sinne des Wortes drehenden Instrumenten. Gesungen wird nur wenig, der Beat darf so tief und fett wummsen, dass es das menschliche Ohr gerade noch so vernehmen kann. Die Füße wollen dafür umso mehr mit. Also echt mal, warum ist so ein herrliches Konzert bestuhlt?
Womit die Beschreibung im Programmheft durchaus Recht hat: Joashino heben nicht ab – sie bleiben wortwörtlich auf dem Boden. Ihre Gerätschaften sind flach und bodennah aufgebaut, die Musiker knien, was den mitunter meditativen Eindruck verstärkt. Sie spielen so lässig und zurückhaltend, als wären sie selbst Instrumente. Ihr Hinweis, dass im Anschluss CDs und LPs für den Verkauf bereitstehen, fällt so dezent aus, dass man ihn fast überhören könnte. Wären wir nicht alle so scharf darauf gewesen und längst dafür Schlange gestanden.
Heute letzte Chance fürs LAB.30!
Am Sonntag ist es zugegeben ein Spürchen ruhiger auf dem LAB.30. Kein Grund zu kneifen: Die Ausstellung läuft weiterhin, auch die EMAF Kurzfilme wird es nochmals zu sehen geben. Mit von der Partie sind auch die BLUESPOTS mit ihrem Audio-Walk Memory Off Switch. Um 15 Uhr gibt es noch ein Konzert von ausrangierten Druckern in der Kradhalle vom Kulturpark West: STRWÜÜ.
Lest Euch selbst durchs Programm. Vielleicht findet Ihr ja auch eine joasihno-eske Überraschung, wie ich sie heute erleben durfte. Wer sich jetzt Leid sieht, dass er die nicht selbst live sehen konnte: Die Jungs stellen ihr Album komplett kostenlos zum Hören auf ihre Website Joashino.com. Gebt mir dann unbedingt Bescheid, ob Ihr dabei ruhig sitzen bleiben könnt 😀 (Auxkvisite Anspieltipps: Nuh Nuh, Grounds, Efom, Veiled Bloom)
Auxkvisite Quicktipps fürs LAB
- Jacke nicht in die Garderobe hängen, außer Ihr habt vor, Euch in der Ausstellung im Dachboden was abzufrieren. Jaaaaa, unterm Dachboden ist auch noch was! Und im Keller. Brrrrrrrr.
- Raus in den Garten gehen und den Exthasen bewundern – den kennt Ihr bestimmt auch noch vom MODULAR dieses Jahr.
- „Kein Bock“ ist keine Ausrede. Selber gelernt & langsam eingesehen. Lab30 ist nur einmal im Jahr!
- Haltet die Augen nach den Theater in Augsburg-Sachen offen. Vielleicht kommt Euch das Design ein bisschen bekannt vor … 😉
Anfahrt & Weiteres zum LAB.30
Die Anfahrt geht sehr gut mit der Linie 2 stadtauswärts, bei Kirche St. Thaddäus aussteigen (Riesen-Backstein-Viech nach dem Oberhauser Bahnhof, kaum zu übersehen) und dann die nächste Straße bzw. den Schleichweg vor dem Auto-Miet-Dingsbums links abbiegen und dann weiter geradeaus bis man vorm beleuchteten Abraxas auf der rechten Seite landet – ca. 3 Gehminuten. Vorm Abraxas sind aber auch ordentlich Parkplätze.
Beschreibung, Anfahrt, das vollständige Programm etc. entnehmt Ihr am besten einfach der Seite vom Medienkunstfestival LAB 30 selbst.
Rechtschreib- und Grammatikfehler gehen auf Kosten mitternächtlichen Schreibens, gesponsort von einem Gin Tonic und drei Riegeln Kinderschokolade. Ich gelobe, baldestmöglich nachzukorrigieren. Oder auch nicht, ich schlaf jetzt nämlich erstmal. Und geh dann nochmal hin.
Disclaimer: Ich habe kein Geld für diesen Beitrag bzw. die Namensnennung erhalten. Hier steht nur „Anzeige“, weil das rein formell so muss.