Reissnadel – Hört Musik ist einer meiner liebsten Musik-Blogs. Die beiden Macher, Chris Umbach und Tobias Kolle, schreiben über „gute“ Musik, was die beiden an Originalität und Qualität festmachen und nicht an Erfolg, Genre oder Aktualität. Und das Gute – ich finde das meiste, das sie vorstellen, richtig, richtig gut. Originalität und Qualität beweisen sie selbst dabei auch in ihren Texten und ihrer Musik-Auswahl. Über den Liebster-Award kam ich mit Chris ins Gespräch und auf die Idee eines Blog-Artikel-Tauschs. Hier also sein Review über Other Lives, auf die ich sonst vermutlich nie gekommen wäre, und die ich seitdem – vor allem beim bloggen – regelmäßig höre. Danke nochmal dafür, Chris!
Viel Spaß mit seinem Artikel – und schaut doch mal bei reissnadel vorbei. Jeden Mittwoch und Samstag gibt es etwas Neues. Irgendwann auch etwas Auxkvisites … ?
Manche Musik kann man eigentlich nur auf Platte hören, weil sie viel zu groß, viel zu vielschichtig und fein ist, um in eine kleine Mp3-Datei gepresst werden zu können; natürlich ist das Blödsinn! Trotzdem fühlt es sich beim Hören von “Rituals” ungefähr so an!
55 Minuten auf 2 wunderschönen Platten. Auf ihnen 14 hochkomplexe Songs, die irgendwo zwischen Indiepop und Klassik zuhause sind, aber ab und zu ausreißen in Richtung Country-Western, Brit-Pop oder Post-Rock. Alles klingt ein wenig so, als hätten Bon Iver und Alt-J gemeinsam ein Album gemacht und jeweils nur das Allerbeste des jeweils anderen akzeptiert.
In diesem Album kann man sich ohne Probleme komplett verlieren; Kopfhörer auf, Musik an und man verschwindet in den riesigen Klangräumen, die Jesse Tabish, Josh Onstott und Jonathon Mooney zusammen mit 12 Gastmusikern für “Rituals” im Studio aufgenommen haben. All das passiert dabei ohne jegliche Synthies oder andere elektronische Spielereien – Alles handgemacht! Alleine Jonathon spielte laut Booklet zehn verschiedene Instrumente ein!
Wo andere Bands auf Backtracks, Loopmachines und einen gut ausgebildeten Keyboarder setzen, hört man auf “Rituals” Geigen, Percussions, Bläser, Orgeln und Chöre, die man erst bei genauem Hinhören als solche aus den riesigen Klangebenen herausfiltern kann.
In denen bewegen sich die drei Musiker aus Oklahoma souverän und zitieren hier und da immer wieder Sounds von Bands wie Coldplay oder den Beatles, nur um danach durch ein reines Streicher-Intro wieder ihre Einzigartigkeit zu beweisen und Pop- und Klassikelemente zu verbinden, als wäre es die einzig logische Form des Musikmachens.
Vielleicht weil alles genau damit anfing: 2004 gründete Sänger Jesse zusammen mit Jenny Hsu und Colby Owens Other Lives und sie entwickelten auf Cello, Piano und Drums lange Instrumentalstücke, bevor sie anfingen “Song Songs” zu schreiben und darüber nachzudenken als Pop-Band aufzutreten. In Interviews bezieht sich Jesse nach wie vor auf diese Zeit und die Idee, die Musik so pur wie möglich zu halten und die Grenzen zwischen Pop und Klassik verwischen zu lassen.
“The blending of two worlds: one is the Pop-World and the other is classic music”
Quelle: reissnadel.com/2015/07/22/the-blending-of-two-worlds/
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