Heute Nacht passiert mal wieder etwas, das mich fuchsteufelswild werden lässt. Etwas zutiefst Dämliches, Sinnloses, Unschönes, das sich mit nichts, aber auch NICHTS!, rechtfertigen lässt. Wir sind dieser grausamen Sache gemeinsam ausgeliefert. Nein, ich meine nicht die mehrfachen Echo-Auszeichnungen für Helene Fischer. Das war ja schon vorgestern. Die Rede ist von der Umstellung auf Sommerzeit. Für mich als Eule ist das schlimm, schlimmer, am schlimmsten. Aber mehr dazu gleich.
Wo gehört der olle Zeiger nun hin?
Hier der einfache Merkspruch: „Im Sommer kommt er vor, im Winter kommt er hinter.“ Einfach die “O”s und “R”s schön rollen, für den Winter geht das einfacher. So kann man sich lautmalerisch ganz gut orientieren. Ich habe diese Terminologie allerdings lange falsch verstanden und dachte, vorstellen heißt, den Zeiger von 12 auf 11 zu stellen, weil 11 vor der 12 steht. Nope. Das geht im Uhrzeigersinn! Irgendwie meine ich gerade, ich vertue mich schon wieder …
Also: Wenn es morgen das ist, was heute 9 Uhr war, wird es morgen schon 10 Uhr sein. Wir müssen also im Vergleich zu heute eine Stunde früher aufstehen, wenn wir um die gleiche Stunde wie immer aufstehen wollen. Alles klar? Uns wird also rotzfrech eine Stunde von wem auch immer geklaut. Immerhin bekommen wir diese Stunde im Herbst wieder zurück. Dieses robinhoodmäßige macht die ganze Sache aber leider auch nicht wirklich besser. Denn:
Innere Uhren lassen sich nicht so einfach umstellen
Der Sinn der Zeitumstellung, zumal ziemlich sicher erwiesen ist, dass das in Sachen Energie sparen gar nichts oder maximal nur marginal etwas bringt, sei mal dahingestellt. Mich macht es so kirre, weil ich – trotz meiner Vorliebe für Katzen und Füchse – eine Eule bin, also ein Nachtmensch. Diese bescheuerte Umstellung auf Sommerzeit bringt mich daher doppelt ins Schleudern. Lerchen, also Frühaufsteher, freuen sich dagegen. Die Verräter. Ihnen setzt die Zeitumstellung nicht so schlimm zu, optimal ist es für sie aber natürlich auch nicht, dass in ihren inneren Rhythmus von draußen reingepfuscht wird.
Was hat es mit Eulen und Lerchen auf sich?
Laut Chronobiologie hat die Tatsache, ob man abends oder morgens in seinem Element ist, mit persönlicher Vorliebe, Charakter oder gar Faulheit übrigens rein gar nichts zu tun: Die inneren Uhren sind genetisch einfach so getaktet, wie sie nun eben individuell angelegt sind. Im Hirn und in den Organen stecken sie übrigens. Drauffallen oder -hauen bringt da nichts.
Von Eulen und Lerchen
Wenn Eulen morgens im Dämmerschlaf noch mindestens viermal snoozen, sind die Lerchen – die Frühaufsteher – schon ihre übliche Runde gejoggt und haben vielleicht auch schon Semmeln gekauft. Halten sie diese den Eulen, die es nun endlich mit überraschend kleinen Augen und Kissenabdruck auf der Wange aus dem Bett geschafft haben, freudestrahlend unter die Nase, weil der Tagesanbruch ja etwas so unheimlich Wunderschönes ist und der Kaffee auch schon so herrlich aus der Küche duftet, kommt statt Begeisterung über knuspriges Gebäck eher ein „Hgrrrpf!“ Was gar nicht mal unfreundlich gemeint ist. Es bedeutet eben „Ja, ich bin hier, aber bis ca. 12.37 Uhr bin ich nicht ganz da“. Vielleicht heißt es auch „Uiii, toll, frische Semmeln! Ich ess meine um 12.37 Uhr, ja?“ So genau kriegt das die quietschfidele Lerche aus der Eule niemals heraus. Für Beziehungen bedeutet das eventuell den ersten Knatsch morgens, aber wenigstens nur für die Lerche. Denn die Eule kriegt um die Zeit ja noch nichts mit.
In der Arbeit sieht das dann so aus, dass sich die Eulen untereinander in stillem Abkommen anschweigen, sich eine intravenöse Standleitung zur Kaffeemaschine wünschen und schwer seufzend den Vormittag irgendwie herumbekommen. In der Zwischenzeit tun sich die Lerchen gern zusammen. Meckern, wie unglaublich unproduktiv die Eulen sind. Ist mal wieder spät geworden, was! Haben sie so lang gefeiert bis in die frühen Morgenstunden. Ab ca. 12.37 Uhr sind die Eulen dann endlich ansatzweise wach. Für ein paar Stunden können sie mit den Lerchen ganz gut koexistieren. Erreichen dann ihren gemeinsamen sozialen Höhepunkt, so circa zur Happy Hour. Wenn die Eulen dann wild mit ihren Flügeln und Ideen um sich schlagen – weniger wegen des Alkohols, sondern weil es jetzt einfach ihre Zeit ist – verabschieden sich die Lerchen abrupt Richtung Bettchen. Ist ja schon so spät. Gähn. Dann arbeiten die Eulen unbeobachtet ihr Pensum des Tages innerhalb kürzester Zeit ab, werden wunderbar kreativ, produktiv, wursteln vor sich stundenlang hin, gerne bis spät nach Mitternacht. Um dann, wenn der Wecker um verbotene 7 Uhr irgendwas schon wieder klingelt, mit tiefen Augenringen aufzustehen und sich das Gemecker der Lerchen anzuhören. Zum Glück lässt die Watte im Kopf das Geräusch nach weit, weit weg klingen.
Sozialer Jetlag, ein präventives „Entschuldigung!“ & ein Vorschlag
„Normale Arbeitszeiten“ zwingen die Eulen zum Sozialen Jetlag. Ja, diesen Begriff gibt es ernsthaft! Für mich wird die bescheuerte Zeitumstellung heute Nacht noch grässlicher: Ich hatte die letzten zwei Wochen Urlaub, und totz meinem aufrichtig gemeinten Vorsatz, es nicht wieder so weit kommen zu lassen (wie jedes Mal), bin ich total in den Eulen-Modus gerutscht (wie jedes Mal). Also darf ich am Montag gefühlt sieben Stunden früher aufstehen als in der letzten Zeit. Ich entschuldige mich schon jetzt bei allen Leuten, die ich angrummle und bei allen Türrahmen, die ich mit der Schulter mitnehmen werde. In zwei Wochen oder so werde ich wieder ein bisschen netter sein. Denn ich genieße es ja auch, wenn die Tage länger werden und wir abends länger draußen sitzen können. Milde Sommernächte in Auxburg – was gibt es denn bitte Schöneres? (Jajajaja Ihr Pariser, Londoner, Berliner und Wiener, an dieser Stelle haltet Ihr bitte einfach kurz Euren Schnabel!)
Ihr Lerchen, findet Ihr die Zeitumstellung geil? Ernsthaft?
Ihr Eulen, wie überlebt Ihr die nächste Zeit?
Was ist der beste Kaffee? Oder seid ihr schon auf Matcha umgestiegen? Oder ist eine warme Zitrone noch besser?
Ich wüsste übrigens gerne, wo ich meinen Vorschlag, den Zeiger ein letztes Mal um eine halbe Stunde auf einen Mittelwert zu verschieben und das dann für immer so sein zu lassen, einreichen kann. Habe aber Sorge, in diesem Komitee sitzen ohnehin nur Lerchen.
Titelbild: © Ella Christenson / Unsplash