Das Festival „Asche zu Farbgut“ – vier Tage Performances, Musik und Kunst im ehemaligen Gaswerk Augsburgs – ist schon wieder zu Ende. Vom 15. 9. bis 18.9. hat es bewiesen, dass dieses herrlich abgefuckte und damit einfach nur phantastische, weitläufige Areal mit wilder, junger Kunst perfekt zusammenpasst und geradezu zusammengehört (es macht quasi TicTactoe!).
Die Frage ist jetzt: Wie entwickelt sich das langfristig?
Asche zu Farbgut – was’ das?
Zu sehen gab es auf der Asche zu Farbgut Medienkunst (von der In Your Face), multimediale Installationen (Orangerie) und Kunst wie z. B. Schnitzereien und Installationen aus dem Kulturpark West und draußen Graffiti von Die Bunten. Hier rührte also keine Kunst-Institution alleine in ihrem Süppchen. Koexistenz? Ja klar! Kunst mit Kunst – und Kunst mit Fabrik-Charme.
IN YOUR FACE
Die „IN YOUR FACE ist eine private Initiative zur Förderung junger, urbaner Kunst“ – beschreiben sie sich selbst. Jap, das passt. Zudem bescherten sie mir 2013 in der Halle F16 einen der besten Party-Abende überhaupt.
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Künstlergruppe 38-40
Zu diesem gemeinnütziger Verein gehören Berufskünstler und Künstler, die unkommerziell kreativ sind oder einfach vielfältige kulturelle Interessen haben. Sie sind aktuell noch im Kulturpark West verortet. Über ihren Tag der Offenen Tür schrieb ich bereits. ➳ Mehr auf ihrer Seite.
Bands wie z. B. Orca und vor allem wir Zuschauer profitierten von der unglaublichen Akustik im Kühlergebäude. Und weil man in diesen wunderbaren hohen Räumen mehr als nur Musik machen kann, wurden ein paar Meter weiter Wollknäuel verschossen, bis sie ein gewaltiges Spinnennetz in Augsburgs Farben ergaben. Bei den Performances soll auch ordentlich politisiert und polarisiert worden sein. Fürs Partyfeeling sorgte der City Club und Theter machte Theater. Also die altbekannten Coolsten – inklusive der Bike Kitchen – auf dem coolsten alten Gaswerk-Gelände. Passt doch!
Vom Grenzenlos zu grenzenloser Kreativität?
2013 und 14 fand im alten Gaswerk das Grenzenlos-Festival jeweils im Sommer statt. Wir nannten es „Mini-Tollwood“, weil es ziemlich genau das war: Ein Festival mit Hippie-Flair, tausend leckeren Fressmöglichkeiten und dem ganzen Schmuck-und-Tücher-Gedöns, das gerade die alternativ Angehauchten so lieben. Aber eben in klein und gemütlich, nicht wie das Münchner Tollwood schier endlos. Und die Ess-Buden hatten nicht so strenge Auflagen wie auf dem echten Tollwood und konnten somit eine noch größere Bandbreite anbieten. Alles auf diesem Gelände mit wunderbarem Grunge-Flair, immer mit Musik lokaler Bands im Ohr und/oder einem Cocktail in der Hand. Wem das nicht reichte, der kraxelte den Gasturm hoch.
Plötzlich – zackbumm – war es aus damit.
„Asbest“ war eine Spekulation, die mich ganz besonders schaudern ließ: Würde das bedeuten, dass alle wunderbaren Gebäude plattgemacht werden müssen oder nieeee mehr genutzt werden können? Aber sie stehen noch, und dem Grenzenlos wurde wohl eher aus organisatorischen Gründen die Grenzen aufgezeigt. Mit den Stadtwerken im Rücken hat es jetzt ja doch wieder geklappt, das Areal für ein Festival zu beleben. Und ich hoffe, sie geben weiterhin auch Gas. Aber bitte nicht zu viel.
Einmal Kunst für alle, bitte!
Aber treibt die Mieten nicht künstlich hoch.
Es klingt momentan doch noch utopisch, dass das Areal vom Gaswerk schon bald das Kreativ-Viertel Augsburgs sein soll. Es sollen Ateliers zur Verfügung stehen, u. a. für die Künstler des aktuellen Kulturpark West, und das Theater erhält dort Platz für eine Spielstätte – die Brechtbühne – sogar mit Gastronomie und – hilfe! – Parkmöglichkeiten. Das Areal voller Autos? Bitte nicht! Vom Oberhauser Bahnhof kann man doch in ein paar Minuten hinlaufen.
Ich wünsche Oberhausen so sehr, dass es endlich seinen schlechten Ruf hinter sich lässt. Den hat es nicht verdient: Schaut mal, all der hübsche Altbau dort mit seinen schönen Stadthäusern – unter dem Ratz sind sie prächtig, jawoll! Oder die sympathischen kleinen Häuschen, Modell Bauernhaus, mit den oftmals liebevoll gepflegten Gärten. Echt kein Grund, „Iiieh, Oberhausen!!“ zu schreien, wenn man nicht gerade frisch in Hundekacke getreten ist.
Aber wollen wir, dass alles anders wird und Gentrifizierung das nächste Schlagwort für Oberhausen? Ich bin gespannt, wie sich das alles noch entwickeln wird. Viel schwieriger, als das Resultat der Wollkanonen zu beseitigen, kann das kaum sein. Und binde mich mit ein paar Wollfäden mehr an meiner niedrigen Miete fest.
Es folgen: Ein paar Impressionen
Ganz ohne Blogger-Mission (sprich: Presseausweis) schlug ich am Sonntag auf. Da ich wusste, dass ich am aschigen Wochenende Geburtstag habe, wollte ich ohne irgendwelche Verpflichtungen hingehen und die Zeit einfach nur genießen. Natürlich ließ es mir dann doch nicht nehmen, die ganze Zeit Photos zu machen 😉 Danke Dir, Matthias, für den Tipp mit der Wollfront! Sonst wäre ich nicht noch durch die matschigen Pfützen extra dort hin gelaufen, von außen war das ja überhaupt nicht zu vermuten 😉
Und, ja: Die Menschen auf der Asche zu Farbgut waren alle sehr nett und offen. Von typischen Augschhhburger Muhaggls hat man nichts gemerkt. Aber vielleicht sind die auch gleich daheim geblieben, weil das Wetter genügend Grund zum granteln gab: Am Sonntag hat es fast durchgängig geregnet. Macht aber nichts, irgendwie passt das doch ganz herrlich zu all den Grautönen da. Auch wenn es ewig schade um die Bar mit gemütlichen Sitzmöglichkeiten draußen war.
Leider habe ich nicht von jedem Bild notiert, wer der Künstler ist. Deren Namen folgen wild unsortiert im Appendix. Sollte irgendjemand sein Kunstwerk nicht sehen wollen oder sich nicht, weil er auf dem Bild in der Nase popelt, reicht eine Nachricht an mich. Ich versuche so gut es geht noch alle Bilder zu taggen.
Wer solange durchgehalten hat, kriegt nochwas exquisit Auxkvisites zu sehen!
Gezeichnet worden bin ich übrigens sogar auch: Christian Dolleschel erbat sich eine Minute für die Kunst. Wenn nicht für die Kunst, wofür dann? Jetzt hab ich mal ein Bild von mir. In Kombination mit einem der Grusel-Gestalten von der Ovid-Installation P.C.C.V. Die löste Beklemmungen aus wie sonst nichts auf der Ausstellung: Ich dachte, jeden Moment bewegt sich eine der Geister-Figuren, und war nicht die einzige, die mal verstohlen geguckt hat, ob da nicht DOCH Menschen drunter versteckt sind. Aber Ihr wisst ja: Ich stelle mich gerne meiner Angst und bin sogar die halsbrecherische Treppe im Ofenhaus hoch, trotz Höhenangst. Nur war dann oben leider doch nichts. Macht aber nix. Leerraum braucht Kunst ja auch. Und Platz zum Verschnaufen. Deswegen verschnauft bitte auch, Ihr Entscheider, und macht das Gelände an sich nicht zu voll und modern-superrenoviert-übertoll mit Mega-Gastro und Heiteitei. Für lebendiges Flair sorgen lieber die Menschen, die da Kreatives schaffen.
Appendix
Namen aller ausstellenden Künstler
SEBASTIAN GIUSSANI DANIEL MAN WOLLFRONT Ofenhaus —
EVA BURKHARDT JUDITH NEUNHÄUSERER BEOWULF TOMEK FRAUKE ZABEL PHOENIX E.V. Ofenhaus —
DIE BUNTEN E.V. GRAFFITI AUSSTELLUNG Schwabenwand —
TEMP.ART KARTON COLLAGE Schwabenwand —
WRITERSCORNER WORKSHOPS STREETART & GRAFFITI Schwabenwand —
ANDREAS SCHMELAS PHILIPP EIBACH TIMELINE Kleiner Scheibengasbehälter —
CAROLIN LIEBL NIKOLAS SCHMID-PFÄHLER STROM & PEDANT Schlosserei —
CLARA TERESA MAX BIRKL FLASHDAY IN THE ASHTRAY Schlosserei —
MANJA EBERT SLEEPINGSQUAD Schlosserei —
PAUL HAAS SCHICHT(EN) Schlosserei —
MATTHIAS RODACH PIANO WORKER Schlosserei —
JASMIN ARNTZEN KIRA BUCHENAU VOM KLIMBIM ZUM REWIN Reinigergebäude —
ABCDEF GRAFFITI Reinigergebäude —
BRNZN GRAFFITI Reinigergebäude —
DANIELA FRIEBEL INSTALLATION Reinigergebäude —
EVA KRUSCHE GRAFFITI Reinigergebäude —
GUIDO ZIMMERMANN GRAFFITI Reinigergebäude —
INNERFIELDS GRAFFITI Reinigergebäude —
KERA GRAFFITI Reinigergebäude —
LAGQUAFFE MALEREI Reinigergebäude —
MATTHIAS MROSS GRAFFITI Reinigergebäude —
MICHAEL HAAS INSTALLATION Reinigergebäude —
MR. X GRAFFITI Reinigergebäude —
QUINTESSENZ GRAFFITI Reinigergebäude —
REAL 20 GRAFFITI Reinigergebäude —
SILVIA ANNETTE KOTZUR ACRYL AUF LEINWAND Reinigergebäude —
ATALIE NESTROROVA UND LEVI LEINSKI EXPONAT Reinigergebäude —
KERSTIN SKRINGER EXPONAT Reinigergebäude —
MIKE AIZIN EXPONAT Reinigergebäude —
KATHRIN DEISENHOFER MISCHTECHNIK AUF LEINWAND Reinigergebäude —
SIEGFRIED STILLER ACRYL, KAFFEE UND ROTWEIN AUF LEINWAND Reinigergebäude —
KARIN KHAN-ENGELS EXPONAT Reinigergebäude —
MARTINA VORDERMAYER EXPONAT Reinigergebäude —
STELLA MIRABELLA MISCHTECHNIK Reinigergebäude —
MAX SCHMERLING ACRYL AUF LEINWAND Reinigergebäude —
GASWERKSFREUNDE AUGSBURG E.V. GASKESSEL AUFSTIEG Gaskessel —
KARIN KAHN-ENGELS SKULPTUREN Apparatehaus —
IOAN BRENDEA KUNST VEREDELT DIE WELT Apparatehaus —
CHRISTIAN DOLLESCHEL EINE MINUTE FÜR DIE KUNST Apparatehaus —
KÜNSTLERGRUPPE 38-40 E.V. INSTALLATION P.C.C.V. Apparatehaus —
NICO SPECK FRAKTUR Kühlergebäude —
ZACK MARLOW-MCCARTHY SMOKE KICKER Kühlergebäude —
NELEKA DEUXIEME ETAGE Kühlergebäude —
OLIVER HAUSSMANN NAUTILUS Kühlergebäude —
ELIAS NAPHAUSEN FREDERICK Kühlergebäude —
HELENE HAAS STEFFEN HÖRBRAND DOMINIK LIEBHERR JAKOB NICKLBAUER MARKUS PUHLMANN ORBIS Kühlergebäude —
GASWERKSFREUNDE AUGSBURG E.V. FÜHRUNGEN IM HISTORISCHEN GASWERKSMUSEUM Museum —
BASTIAN MARIA HEIN OBJEKT Skulpturenpark —
FALK BENITZ OBJEKT Skulpturenpark —
NELEKA /// JEDER IST /// Gelände —
ELIAS NAPHAUSEN PERFORMERS LUCILIA SERICATA Gelände —
Quelle: www.aschezufarbgut.de
– alle Namensnennungen unbezahlt –