Die Anfahrt zum Modular gestaltet sich auch 2016 am besten mit den Öffentlichen oder dem Rad. Anstrengend? Nö! Die Tramlinie 1 hält ja bei der Kongresshalle am Wittelsbacher Park, in dem das Modular auch 2016 stattgefunden hat.
Von Annenmaykantereit stammte der Nicht-So-Secret-Act. Henning May gröhlt mit lässigster Attitüde überhaupt, und Auxburg dreht durch.
Während des Festivals hatte Augsburg einen Stadtteil mehr: Das Artist Village hinter der Bühne. Hättet Ihr gedacht, dass sich hinter den unscheinbar schwarzen Planen stets um die 300 Leute befanden? Im Gegenlicht am Samstag konnte man ansatzweise ahnen, was dahinter alles los war.
Auch Amnesty International war da, auf jeden Fall am Samtag – oder habe ich den grellgelben Stand vorher tatsächlich übersehen? Nach drei Tagen Festival und einer durchgebloggten Nacht inklusive Server-Absturz (hier geht’s zum Artikel vom Tag Eins) leidet man ja doch an partieller Amnesie.
Die Bühne am Turm war dieses Jahr neu. Das Modular ist 2016 um glatte 1000 Quadratmeter gewachsen! Bisschen groß, ne. Das war schön, aber auch ein bisschen anstrengend. Mehr siehe Z.
Mit Graffiti-Wänden im Rücken und den Bäumen hinter der Bühne fühlte es sich hier am chilligsten an. Und auch wenn der Turm nicht mein architektonisches Lieblingsstück in Auxburg ist, stand er doch wie ein stolzes Ausrufezeichen immer direkt im Blickfeld.
Ein dickes DANKESCHÖN an die unglaubliche Crew und deren Support, die das Modular 2016 ermöglicht hat! Ohne Euer ehrenamtliches Engagement wäre in den letzten Tagen der Wittelsbacher Park einfach nur der Wittelsbacher Park gewesen. Ich wünsche Euch tonnenweise Capri-Eis oder was immer Ihr jetzt braucht, um Euch verdientermaßen zu erholen. Chapeau!
Drangsal? Was für ein schönes, fast in Vergessenheit geratenes Wort! „Qualvolle Bedrückung, Leiden“ erklärt es der Duden. Die Musik der gleichnamigen Band muss also eine gewisse Schwere haben. Drangsal drapiert sich also in üppigen Sounds aus den 80ern auf der Bühne und leidet, damit wir etwas Feines auf die Ohren kriegen. Dilettanten sind sie trotz ihres zarten Alters so gar nicht: Wenn die Gitarre nicht so recht wollte, wurde das Ding eben schnell auf der Bühne repariert. Beim nächsten technischen Knockout fuhr uns ein Wutschrei von Sänger Max Albin Gruber durch die Knochen. Jap, das mit den tiefen Emotionen beherrschen sie eben.
Über Dillon schrieb ich bereits in meinem Artikel über den ersten Tag.
Diverse Bands diverser Musikrichtungen boten jedem was. Das komplette Lineup seht Ihr auf der Seite von Modular. Alle zu nennen, würde den Raum hier sprengen: Dillon, Errdeka & das Puppet on a String Orchester, Get Well Soon, Jesper Munk, Me and My Drummer, L’Aupaire, Drangsal, Romano, Vita Bergen, Adulescens … und das ist noch nicht mal ein Drittel!
Ernst & streng wurde am letzten Tag, den Samstag, am Eingang kontrolliert. War der Andrang da so groß und die Nerven schon so runter, oder was war los? Mir wurde ein „Kameras sind nicht erlaubt“ entgegengeschmettert. Wortlos zeigte ich mein Presse-Bändchen. Vielleicht war ich auch einfach nur am falschen Eingang. Überall Security, strenge Geschlechter-Trennung auf den Klos (siehe Y). Skater wurden nicht inklusive Brett eingelassen. Das trübte den Eindruck vom Samstag ein wenig.
Sicher ist Sicherheit wichtig. Natürlich streng das alles unheimlich an. Und am Ende ging ja auch alles gut aus. Oder weiß irgendjemand etwas von einem Eklat auf dem Modular?
Zu einer vernünftigen Festival-Ausrüstung gehört ein Regencape: Die sind so cool, weil man sie auch als Picknickdecke missbrauchen kann. Ich hatte eines bei Asos bestellt. Eigentlich rechtzeitig. Die Packstation hält es jetzt immer noch in seinen Fängen, weil es genau in den 5 Minuten am Samstag ankam, als es gerade tröpfelte.
Games gab’s auch. Präsentiert vom Open Lab Augsburg.
Die beliebtesten Hashtags waren dieses Jahr:
#modular2016
#MODULARfestival
#sskamodular
Ich habe übrigens immer noch mein Notfall-Hanuta in meiner Handtasche, weil ich die ganzen Tage über kaum Hunger hatte.
Visuelle Impressionen von Tag 2 in rauen Mengen findet Ihr hier.
Ich war übrigens wieder mit meiner Lumix unterwegs, eine Bridge-Kamera, mit der ich mich mal mehr, mal weniger investigativ fühlte: Mit der kann man so gut heimlich ranzoomen. Sollte sich irgendjemand unangenehm berührt fühlen, weil er sich auf einem Foto findet und da mit seiner heimlichen Flamme herumzüngeln sieht, während der feste Partner daheim eingegipst im Bett lag, kann er mir Bescheid geben, dann nehme ich das Bild wieder raus.
JA zum überteuerten, leckeren vietnamesischen Sandwich von der Färberei!
(Färberei auf Facebook)
Aber auch andere Jieper wurden gestillt. Was willste haben: nen Burger, Sushi oder vegan?
Trotzdem wäre ich noch glücklicher, würde es der Bayrische Döner vom Stereowald-Festival auch aufs MODULAR schaffen.
Kunst gab es in den Innenräumen zu bestaunen.
„Monolith“ von Elias Naphausen zum Beispiel macht Synästhesie sichtbar: Am Chromaphon werden aus Farben Klänge. (Mehr zur Funktion erfahrt Ihr auf seiner Seite.)
Kurzfilme der Hochschule Augsburg waren im Keller des KKlubs zu bestaunen.
Auf vimeo.com/zeitmedien kann man nochmal in Ruhe alles gucken.
LORSON verkaufte auf dem Bazar Taschen aus alten Planen & Autogurten – alles von Hand genäht. Industrie-Designerin Ilona Lorson denkt in ihrem Gestaltungsprozess immer an Nachhaltigkeit. Aus dem Saarland hat sie es nach Auxburg geschafft und passt mit diesem Konzept super rein.
Me and My drummer überzeugte in Stuttgart, so erzählt Sängerin Charlotte Brandi, nicht in Sachen Moderation. Nun ja: Sind sie nun Musiker oder Moderatoren? Charlotte witzelt bereits beim Soundcheck und plappert auch zwischen den Stücken einfach frei Schnauze. Ich bin mir nun sicher, dass das „Me“ für „megasympathisch“ steht. Charlotte wundert sich noch über die positiven Vibes auf dem Modular, „trotz dem Gebäude nebendran“ (der Hotelturm, minimal abwertender Ton). Ihr Sound: unheimlich melodiös. Das Melancholische kriegt man aus ihnen nicht raus. Macht aber nichts. Im Gegenteil, ich mag genau das. Vielleicht regten sie weniger als vom Modular-Moderations-Team angekündigt zum Tanzen an, dafür laufen sie bei mir jetzt nebenbei auf Repeat.
Der Mulch-Boden vor der Bühne am Turm ließ Tanzbeine, zumindest meine, weniger zucken, weil ich mich damit nur in den Belag bohrte. Er war aber die schlaue Maßnahme gegen den Matsch, durch den man dort am Donnerstag watete.
Natürlich gab es auch viele Workshops und Angebote für die Allerkleinsten: Musikmachen bei Downtown in der Kongresshalle oder Basteln im Kreativ-Bereich des Bazars? Alles da!
Damit die Natur auch nicht zu Schaden kommt, kümmerte sich die Naturschutzjugend (Naju). Lasst uns nicht vergessen, dass im Wittelsbacher Park ansonsten die Eichhörnchen und nicht zehntausend Festival-Besucher das Sagen haben.
Das OpenLab präsentierte sich im Innenraum und faszinierte Technik-Freaks mit 3D-Druck und Games (siehe G).
Vom Poetryslam habe ich kein Bild, weil es da ja nicht ums Visuelle geht (feine Ausrede, was? Aber nicht, dass Ihr jetzt meint, Slammer wären unattraktiv: Keineswegs! Ich wollte den Slam als Zuschauerin genießen und war schon fast zu stark mit meinen Notizen nebenbei abgelenkt.)
Die Themen der Beiträge reichten von Menschenkenntnis und Selbstfindung zu Tinder und Küssen, vom Zeit für Zeit haben, von der Gefährlichkeit nicht vorhandener Intelligenz bishin zu den Antworten, was ein „moderner Mann“ nun ist („Vollbart, aber sonst überall rasiert“).
Verdiente Siegerin: Sandra DaVina. Sie überzeugt mit einer sympathischen, lebendigen Performance, klugen Worten und ehrlichen Einblicken – und jeder Menge Humor: Oder wer von Euch hat schon mal eine Plastiktüte geknutscht?
Mit Ihrem Text über Freundschaft gewann sie unsere Herzen und den diesjährigen Poetry Slam auf dem Modular.
Plastik und Upcycling war auch das Thema des Modulars 2016: Greenpeace informierte auf ihrem Stand über Mikroplastik und in diversen Workshops wurde fleißig geupgecycelt. Oder upgecycelt.
Querulanten gab es diesmal fast keine. Nur ein paar komische Besucher, die quengelten, „was das diesmal für komische Stände“ sind (auf Höhe von Greenpeace und dem Mini-Juze). Na, dann geht doch bitte wieder heim und hört Helene Fischer. Aber das Modular ist definitiv für alle da. Querbeet.
Restlos ausverkauft war das Modular am Samstag bereits am frühen Nachmittag.
Rucksäcke waren das meist gesichtete Accessoire: Klassische, sportliche, elegante aus Leder, krachende in Metallic oder Neon. Und natürlich tausendfach die dünnen Turnbeutelchen. Junges Volk ohne Rückenprobleme steht da drauf! Ich finde die Teile ja sauunbequem, hübsch aussehen tun sie aber. Vor allem der mit der Katze drauf.
Organisiert wurde das MODULAR wie immer vom Stadtjugendring Augsburg (SJR).
Damit ist das dreitägige Festival keine reine Spaßveranstaltung, wie Kritiker meinen: Es geht hier vielmehr um Partizipation. Die (jungen) Leute können sich selbst einbringen und was lernen: Ob über Festival-Organisation, die Natur oder während der Festivalzeit (und davor) in vielen Workshops.
Der ominöse Secret-Act schaffte es nicht wirklich, ein Geheimnis zu bleiben. Schnell wurden Annenmaykantereit als „Nicht-so-Secret-act“ bekannt. Wir ließen uns aber natürlich den Spaß und spekulierten fleißig weiter.
Die verrückteste, ernstgemeinte Secret Act Spekulation, die ich mitbekam: Daft Punk. #modular2016
— indiefreiheit (@indiefreiheit) 27. Mai 2016
„Treffen sich zwei Tinderer auf dem Modular …“ Kein doofer Witz! Ich schlendere übers Modular, und plötzlich saust der Puls auf 220 hoch: Da steht ein Mann, der einem Rechtswisch von Tinder verblüffend ähnlich sieht! Was dann passierte? Ein Date am Tag drei. Der Rest ist top-secret. (Wenn Dir Tinder nichts sagt: das ist eine Flirt-App und wie die funktioniert, beschreibe ich hier.) Auch scheint sich das Festival zu einem Twitter-Treffen gemausert zu haben. Die, die mir bereits folgen, wussten als erste von meinen Modular-Nägeln Bescheid und guckten auf dem Modular den anderen Leuten heimlich auf die Pfoten. Getwittert übers Modular wurde trotz der bekannten Hashtags (siehe H) wurde aber ernüchternd wenig. Natürlich will man nicht ständig am Handy hängen – oder was war Dein Grund; warum zwitscherst Du so wenig, Auxburg? Twitter macht doch so Spaß!
Ständig im Nacken kitzelte uns die Unwetter-Drohung. Spätestens am Samstag Abend hätte es knallen sollen. Für mich hätte das wie letztes Jahr bedeutet, dass ausgerechnet die Band, auf die ich mich am meisten freute (Me and My Drummer) ins Wasser gefallen wäre (auch bekannt als „der Sizarr-Effekt“). Tatsächlich schepperte es erst in der Nacht auf Sonntag. Mich katapultierte es bei einem gewaltigen Donnerschlag. Ich fühlte mich fast wie einer der Bike-Künstler, die im Dirt&Bike-Park Unglaubliches zeigten.
„Versuch, es selbst rauszufinden!“
Ein Appell von Slammer Tillmann Birr aus Berlin, der das Auxburger Publikum laut auflachen ließ.
Wir bekämen heute alles vorgekaut, „Dazusagen ist das neue Mitdenken“.
Tatsächlich ein Problem der nachwachsenden Generation oder von denen, die ihre Bildung aus RTL II ziehen?
Wo bleiben 2016 Vernunft und Verstand?
Alle Videos zum Modular findet Ihr hier auf lifestream.com.
Von Wildling Jewellery stammte das bezaubernde Hexenhäuschen auf dem Bazar: Mädchen- und märchenhafter, von der ursprünglichsten, wilden Natur inspirierter, handgemachter Schmuck baumelte von Ästen und Wänden und lud zum Stöbern ein. Die Runen an der Wand ließen mich gleich über die Bedeutung des Bildzeichens im auxkvisit-Logo nachdenken – so abwegig ist das gar nicht.
Wer sich wie ich nicht zu einem Kauf entscheiden konnte, weil man dann theoretisch alles hätte aufkaufen müssen (die Deko am besten auch gleich), kann das nachträglich noch im Onlineshop tun. Ich will unbedingt noch einen Aventurin-Anhänger.
Xenophobie ist auf dem Modular natürlich gar kein Thema. Der SJR beschäftigt sich schon seit langem mit dem Thema Integration: 2015 veranstaltete er zum Beispiel mit Tür an Tür e.v. den „Fachtag Islam“, oder er hilft, mit Projekten Sprachbarrieren abzubauen. Dafür gibt es das „Märchenzelt“, die „Flüchtlings-Fahrradwerkstatt“ oder Sport- und Freizeitaktionen im Projekt „Flüchtlinge werden Freunde“. So überrascht es nicht, dass das „Mini-Juze“ auf dem Modular von einer Länderflaggen-Kette einzäunt war. Das ist die einzige Grenze, die okay ist.
Yberaus voll war es an den Schlangen vor der Damentoilette. Wie gerne hätte ich mein X- gegen ein Y-Chromosom getauscht! Es ist ybrigens erstaunlich, wie wenig Frauen in der Lage sind, geradeaus ins Klo zu pinkeln. Ein riesiges Dankeschön deswegen an die Frauen, die sich darum kümmerten, dass die Toiletten nicht komplett versifften.
Zum Schluss das Fazit: Im Vergleich zu 2015 war das Modular 2016 deutlich größer. Das zeigte sich zum einen am gewachsenen Festival-Gelände, zum anderen an der höheren Bandbreite der Bands. Und der dichten Menschenmasse, die mir vor allem am Frei- und Samstag fast schon zu viel wurde. Ja, das Modular mag damit an Heimeligkeit und Familiarität eingebüßt haben. Aber darüber zu meckern ist so müßig, wie sich darüber zu beschweren, dass aus dem süßen Baby ein frecher Teenie geworden ist.
Aber: Größer möchte ich es wirklich nicht haben; mir sind kleine Festivals einfach am liebsten. Zudem geriet ich hier und da in Zeit- und Entscheidungsnot, welcher Band ich zuhören wollte (Die Nerven und Me and My Drummer spielten zum Beispiel gleichzeitig). Ich bin mir leider verdammt sicher, viel übersehen zu haben. Zu viel. Aber es gibt ja zum Glück mehrere Blogger: Ramona/Princess Pietsch hat nicht nur ihren Musik-Blog, sondern war auch im Team der Modular Youngstars und ist in den letzten Wochen schon fast in der Modular Festival Zentrale eingezogen. Erste Reviews hat sie bereits auf ihrem Blog, auf ihren Rückblick aufs Festival selbst bin ich schon sehr gespannt.